Der Reaktionär und der Rapper
Neu im Kino: „Tour de France“von Rachid Djaïdani – Road Movie zum Thema Ausgrenzung und Toleranz
Serge (Gérard Depardieu) ist populistisch und ausländerfeindlich. Reaktionärer als Serge (Gérard Depardieu) kann man kaum sein. Er ist ausländerfeindlich und wirft mit populistischen Phrasen um sich. In seiner bescheidenen Wohnung in einem von Arbeitslosigkeit heimgesuchten Ort in Nordfrankreich hat sich der Katholik seit dem Tod seiner Frau völlig zurückgezogen.
Eines Tages klopft Far’Hook (Sadek) an seine Tür. Der junge Pariser VorstadtRapper ist ein Freund seines Sohnes Bilal, mit dem sich Serge vor Jahren überworfen hat. Der Grund des Zerwürfnisses: Bilal ist zum Islam konvertiert.
Der sozialkritische Film „Tour de France“ist ein Road Movie durch Frankreichs gesellschaftliche Wirklichkeit: wachsender Rassismus, Islamfeindlichkeit und Arbeitslosigkeit. Akute Themen, für die der französische Regisseur Rachid Djaïdani Sensibilisierungsarbeit leistet. Er selbst ist ein Kind algerischer und sudanesischer Abstammung und absolvierte einst eine Ausbildung zum Maurer. Djaïdani schickt mit Gérard Depardieu und dem Star-Rapper Sadek ein Duo auf Reisen, das funktioniert: Depardieu wirkt als muffiger und zunächst unsympathischer Rentner ebenso überzeugend wie Sadek in seiner Rolle als kaltschnäuziger Musiker. Sadek gehört zu den Stars der französischen Rapperszene und feiert in dem Film sein Schauspielerdebüt. Far’Hook ist mit seiner Rap-Musik auf dem Weg nach ganz oben, doch eine Gang aus Paris hat ihn im Visier. Um ihn in Sicherheit zu bringen, schickt ihn Bilal, der sein Produzent ist, zu seinem Vater. Serge hatte seiner verstorbenen Frau das Versprechen gegeben, von jedem Bild, das der Künstler Claude Joseph Vernet von den wichtigsten Häfen Frankreichs entwarf, seine eigene Vision zu malen. Far’Hook soll ihm dabei als Chauffeur dienen.
Auf der zweiwöchigen Fahrt erfährt Serge mehr über seinen Sohn und dessen Leben, Far’Hook mehr über Serges Vergangenheit als Maurer und Familienvater. Far’Hook und Serge lernen einander besser kennen – und vor allem verstehen. Bei ihren Wortgefechten fehlt es weder an Schärfe noch an Witz. (Frankreich 2016, 95 Min., Filmhaus Sb)