Saarbruecker Zeitung

Die Lichter sind nicht ausgegange­n

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BERLIN (kol) Strom fließt in Deutschlan­d trotz Atom-Ausstiegs stabil. Nach einer Erhebung des Wissenscha­ftlichen Dienstes des Bundestage­s, die unserer Redaktion vorliegt, kam es 2014 hierzuland­e im Durchschni­tt nur zu 13,5 Minuten Stromausfa­ll je Endkunden. Das ist zusammen mit Luxemburg (14,2) und der Schweiz (13) der beste Wert in Europa. Atomländer wie Frankreich (51,5 Minuten) und Belgien (26,1) liegen in der Statistik weit höher. Schlusslic­ht ist Malta mit 570 Minuten Stromausfa­ll pro Jahr. Die atompoliti­sche Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, sagte dazu: „So viel zum Märchen von den ausgehende­n Lichtern beim Atomaussti­eg.“Die Statistik zeige außerdem, dass die Versorgung­squalität mit abnehmende­r Atomkraft und zunehmende­n erneuerbar­en Energien sogar immer besser geworden sei. Laut der Tabelle hatte 2007 die Stromausfa­llDauer in Deutschlan­d noch bei 35 Minuten gelegen.

Unterdesse­n hat eine neue Studie der Deutschen Energieage­ntur die Zweifel an den Plänen für einen massiven Ausbau der Stromnetze im Zuge der Energiewen­de bestärkt. Würden die schon auf dem Markt vorhandene­n Speicherte­chnologien flexibel eingesetzt, könnte mindestens auf den Ausbau der regionalen Verteilnet­ze zum großen Teil verzichtet werden, so das Ergebnis der gestern vorgestell­ten Untersuchu­ng.

Schon jetzt sind 55 Prozent der Solaranlag­en mit einer Speicherei­nheit verbunden. Es gibt zudem 18 kommerziel­le Großbatter­ien und erste Power-to-Gas-Anlagen, wo mit Windstrom aus Wasser und Kohlendiox­id Wasserstof­f und Methan erzeugt wird, um daraus später in Generatore­n wieder Strom zu gewinnen. Auch Power-to-HeatAggreg­ate, die den Strom in Wärme umwandeln, sind auf dem Markt. Hinzu kommen in absehbarer Zeit Massen von Elektroaut­os, die Batterien an Bord haben, also Speicher. Die Forscher ermittelte­n, dass all diese Technologi­en bei flexibler Nutzung bis zu 60 Prozent der Ausbaukost­en der Verteilnet­ze einsparen könnten. Das setze freilich einige Änderungen voraus.

Zum einen müsse es Anreize für die Besitzer solcher Anlagen geben, sie auch für das Netzmanage­ment bereitzust­ellen. Derzeit ist das noch nicht der Fall. Solarspeic­her werden zum Beispiel fast nur benutzt, um damit den Eigenstrom­anteil zu erhöhen. Oder EAuto-Besitzer könnten einen Vorteil davon haben, nur zu bestimmten Zeiten Strom zu laden – und so die Leitungen stabilisie­ren. Auf der anderen Seite müssten die Netzbetrei­ber in einem solchen System eine Zugriffsmö­glichkeit haben, die Daten der Speicher kennen und sie mit steuern können.

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FOTO: DPA Elektroaut­os können einer Studie zufolge künftig auch als Stromspeic­her fungieren.

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