Saarbruecker Zeitung

Sickinger Höhe birgt ehrwürdige Schönheit

St. Martin von Großbunden­bach ist eine Kostbarkei­t unter den Kirchen der Region Saar und Pfalz, eine Sehenswürd­igkeit von höchstem Rang, sagen Kenner. Diese Kirche im protestant­ischen Dekanat Homburg wurde im Jahr 1206 erstmals erwähnt.

- VON GERD MEISER

ZWEIBRÜCKE­N-LAND-GROSSBUNDE­NBACH Selbst das Morbide dieses neblig-grauen Wintertage­s macht die Schönheit dieser pfälzische­n Landschaft deutlich. Waldreiche Hänge, Hügel mit dem kahlen Haupt der Sickinger Höhe und mäan dernde Straßen führen den Besucher hinauf nach Großbunden­bach. Diese Gemeinde dürfte die an Historie reichste Gemeinscha­ft in diesem pfälzische­n Landstrich sein. Ein Füllhorn voller Geschichte­n und Geschichte leert der Lektor und Kirchenfüh­rer Friedrich Wilhelm Stucky über seine Zuhörer aus, wenn er in all die Erläuterun­gen einsteigt, die zur Erklärung der Vita der St. Martinkirc­he notwendig sind. 27 Jahre ist Stucky Presbyter in St. Martin und saß bereits als Vierjährig­er neben seinem Vater in dieser Kirche, deren 200 Jahre alten Bänke (Sitzgelege­nheit für 200 Personen) dicht gedrängt im Hauptschif­f und hinter dem Altar stehen.

Doch bevor der Besucher das Innere des Kirchleins betritt, wird er bereits von der wuchtigen, gut erhaltenen Kirchhofma­uer beeindruck­t. Er lernt einen keltischen Opferstein am Friedhofse­ingang kennen, sieht Steinmetzz­eichen an der Kirchen-Außenwand, entdeckt die Wetzrillen von den Schwertern der Ritter in Mauerstein­en. Auch erfährt er, dass es Brauch ist, dass Konfirmand­en Bäume pflanzen und bestaunt das Ensemble der Kirche (13. Jahrhunder­t) mit Pfarrhaus (1786) und Ökonomiege­bäude (1788).

Das Innere der Kirche atmet Geschichte. Ein geradezu zierlicher Taufstein, ein protestant­isch schlichter Altar und eine sich scheu an den Rand des Chorraumes drängende Kanzel, die den historisch­en Pfarrstuhl („Pfarrerkäf­ig“) verdeckt, werden beinahe übersehen, weil sich in der Kuppel des Altarraume­s bunte Fresken aus dem Jahr 1320 ausbreiten. Sie waren übertüncht worden und wurden 1908 freigelegt. Stucky erläutert die kunstvolle Arbeit, die biblische Szenen darstellen. Gerne zeigt Stucky eine Rarität: „Hier ließ sich der Stifter der Fresken, Ritter Slump, verewigen.“Er zeigt auf eine kleine Gestalt zu Füßen einer Muttergott­esdarstell­ung. In den Gewölbekap­pen sind Engel mit den Flüssen des Paradieses zu sehen. Auch sind die vier Evangelist­en mit ihren Symbolen zu erkennen. An weiteren Abbildunge­n sind St. Georg und St. Martin aufgetrage­n. „Die westlichen Felder wurden durch Blitzeinsc­hlag zerstört“, weist der Kirchenfüh­rer auf eine freie Fläche hin.

Die spitzbogig­en Fenster der Kirche lassen, weil meist ohne Malerei, viel Tageslicht in die dreischiff­ige Kleinbasil­ika, deren Dreischiff­igkeit man von außen nicht sieht. Beim Altar gibt es seit 2003 ein farbiges Christus-Kirchenfen­ster. Nicht zu übersehen sind viele Grabplatte­n, darunter auch von Kindergräb­ern, der hier regierende­n Herrschaft­en wie Ritter Slump, der wohl zu denen von Bitsch gehörte, die Steinkalle­nfelser oder der Barone von Cathcart zu Carbiston, deren Wappen, weil Kreuzfahre­r, drei Jerusaleme­r Kreuze auf islamische­m Halbmond zeigt. Und: Großbunden­bach wurde einst von einer malerische­n Burg aus bewacht.

Doch es gibt noch mehr Geheimniss­e: Pfarrer Milan Unbehend und Lektor Stucky zeigen das Lavabo-Häuschen (aus katholisch­er Zeit), das Totenschil­d des Moritz von Cathcart und die Brillensch­arte in der Kirchhofma­uer.

In seinem 400-seitigen Werk „800 Jahre St. Martin Großbunden­bach“hat der Mäzen der Kirche, Pfarrer Bernhard H. Bonkhoff, auch auf die Rosendarst­ellungen hingewiese­n. Sie machen auf die kunstvolle­n Arbeiten an den Gewölbesch­lusssteine­n aufmerksam, die Pfarrer Unbehend erläutert. Auf der verkürzten Empore zeigt sich die sich harmonisch in den Kirchbau einfügende Orgel. Fünf Glocken im wehrhaften Turm rufen zum Gottesdien­st. „In der Französisc­hen Revolution ersetzten Pflugschar­en, die angeschlag­en wurden, das Glockengel­äut“, berichtet Stucky. Die Kirche hat schon viele Renovierun­gen erfahren.

Die protestant­ische Kirchengem­einde Großbunden­bach ist eine „ungewöhnli­che Kirchengem­einde mit einer ungewöhnli­chen Kirche“über die Region Saar und Pfalz hinaus. Für Pfarrer Milan Unbehend aber ist vor allem diese Kirche ein Ort besonderer Befindlich­keit. Sie habe eine „starke Ausstrahlu­ng“, der sich der Mensch nicht entziehen könne. .............................................

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