Gabriel warnt vor neuer Spirale der Aufrüstung
Der Außenminister übt scharfe Kritik an Russlands Politik und wirbt für Abrüstung. Kanzlerkandidat Schulz will ebenfalls bei Militärausgaben bremsen.
MOSKAU/SAARBRÜCKEN (dpa/jöw) Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat sich bei seinem Antrittsbesuch in Russland für konkrete Abrüstungsschritte in Europa stark gemacht. „Wir haben die Sorge, dass wir zu einer neuen Aufrüstungs-Spirale kommen“, sagte der SPD-Politiker gestern mit Blick auf Truppen-Stationierungen und Rüstungsvorhaben Moskaus und der Nato. Deutschland und Russland müssten sich gemeinsam für Frieden und Stabilität in Europa einsetzen, betonte Gabriel. Das sei nicht einfach, aber die Anstrengung sei notwendig.
Die Meinungsunterschiede zwischen beiden Regierungen blieben jedoch deutlich erkennbar. So wies der russische Außenminister Sergej Lawrow den Vorwurf zurück, sein Land bedrohe die östlichen NatoStaaten mit militärischer Übermacht. Russland werde selbst „von Nato-Waffen, von Nato-Einheiten umzingelt“, sagte er. Gabriel konterte, bei allem Respekt vor Moskauer Sorgen sei „die Verletzung von Grenzen in der Mitte Europas etwas, das wir nicht akzeptieren können“. Russland hatte sich 2014 die ukrainische Halbinsel Krim einverleibt. Zum Schutz für Polen und die baltischen Staaten verlegt die Nato derzeit 4000 Soldaten dorthin. Moskau stationiert zehntausende zusätzliche Soldaten an seiner Westgrenze. Gabriel strebt unter anderem Maßnahmen an, um das Risiko zufälliger Zusammenstöße im Ostseeraum zu verringern.
Neben seinem Amtskollegen Lawrow traf Gabriel auch Präsident Wladimir Putin zu einem mehrstündigen Gespräch. Die gemeinsame Aufgabe sei es, die Beziehungen vollständig zu normalisieren, sagte Putin im Anschluss an das Treffen. Im Streitfall Ukraine sollten die USA bei der Suche nach Frieden eine größere Rolle spielen, hieß es in Moskau weiter.
Zugleich sprach sich Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, gegen eine spürbare Erhöhung der deutschen Militärausgaben aus. Forderungen der USA an die NatoMitglieder, den Verteidigungsetat auf zwei Prozent des Brutto-Inlandprodukts (BIP) aufzustocken, erteilte er im Gespräch mit unserer Zeitung eine klare Absage. „Das wären 25 bis 30 Milliarden Euro jährlich – das ist nicht mit mir zu machen“, sagte Schulz. Darüber werde man „mit Sicherheit noch intensiv diskutieren“. In den Eckdaten des Etats seien bereits 1,21 Prozent des BIP eingestellt, ergänzte Schulz. „Das ist schon ein beträchtlicher Milliardenbetrag mehr.“