AfD kämpft gegen Gender, Windräder und den Islam
In ihrem Wahlprogramm beschwören die Rechtspopulisten eine kulturelle und energiepolitische Wende. Auch Ausbürgerung soll möglich werden.
BERLIN Als erste Partei hat gestern die AfD (Alternative für Deutschland) ihr Programm für die Bundestagswahl vorgestellt. Ende April soll es auf einem Bundesparteitag in Köln abgesegnet werden. Die als Anti-Euro-Bewegung gestartete Partei versucht erstmals, Antworten und Konzepte zu allen Politikbereichen zu liefern. Fragen zu den rechtsextremen Äußerungen des Thüringer Landeschefs Björn Höcke wurden bei der Pressekonferenz in Berlin nicht zugelassen.
Parallel zur Abfassung des 60seitigen Entwurfs in elf Arbeitsgruppen ließ die AfD die Mitglieder online schon über Kernforderungen abstimmen, so dass in Köln eine große Zustimmung erwartet wird. Der Parteitag muss allerdings auch noch das Spitzenteam wählen. Die Schwerpunktthemen des Wahlprogramms entsprechen den Gründungsmotiven Europa und Zuwanderung. In dem Entwurf spricht sich die AfD klar für den Austritt aus der Eurozone aus. Deutschland soll auch die EU verlassen, falls die Nationalstaaten nicht wieder mehr Souveränitätsrechte bekommen. Darüber soll eine Volksabstimmung wie in Großbritannien entscheiden.
Die AfD strebt eine „Minus-Zuwanderung“für mehrere Jahre an. Es sollen also mehr Migranten fort- als zuziehen. Asyl soll grundsätzlich nur in Auffanglagern außerhalb Europas beantragt werden können. Familiennachzug von Flüchtlingen wird ausgeschlossen. Zugelassen werden soll nur noch eine „produktivitätsgeleitete Zuwanderung“, wie CoParteichef Jörg Meuthen sagte. Also nur Menschen, die der hiesige Arbeitsmarkt braucht. Das Staatsangehörigkeitsrecht soll wieder geändert werden: Statt des Geburtsortprinzip will die AfD wieder das Abstammungsprinzip einführen. Nur wer sich hier integriert hat, soll eingebürgert werden. Zudem soll Terrorverdächtigen die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden können, „und zwar auch dann, wenn Staatenlosigkeit eintritt“. Das Grundgesetz müsste dafür geändert werden. Co-Sprecherin Frauke Petry verteidigte die Forderung. Als DDR-Bürgerin sei sie selbst einmal ausgebürgert worden und staatenlos gewesen, sagte sie. Sie wisse, wovon sie rede.
Petry verschwieg, dass sie damals nach westdeutschem Rechtsverständnis automatisch BRD-Bürgerin war – mit allen Ansprüchen auf Sozialleistungen.
Neben einer scharfen Abgrenzung zum Islam enthält der Entwurf zahlreiche sozial- und finanzpolitische Forderungen. So will die AfD die Erbschaftsteuer abschaffen und kleine und mittlere Einkommen entlasten. Das Arbeitslosengeld I und II soll für Ältere erhöht werden; auch soll das Kinderkriegen durch ein „BabyBegrüßungsgeld“gefördert werden. Der Staat müsse zudem die Rentenkassen von versicherungsfremden Leistung entlasten. Auf die Frage, wie das alles finanziert werden solle, sagte Meuthen, das sei angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen kein Problem. Allerdings will die AfD auch noch den Wehretat von jetzt 37 auf 60 Milliarden Euro erhöhen. „Deutschland muss sich selbst verteidigen“, heißt es. Auch möchte die Partei die Energiewende wieder rückgängig machen und Atomkraftwerke länger laufen lassen. Dass der Klimawandel menschengemacht sei, sei wissenschaftlich nicht erwiesen.
In zahlreichen Passagen wendet sich das Programm gegen „politische Korrektheit“und das „gendern“in Bildung und Kultur und gegen die „Frühsexualisierung“und „Inklusion“im Schulunterricht. An dieser Stelle steht auch die Formulierung, dass die „Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus“zugunsten einer „erweiterten“Geschichtsbetrachtung „aufzubrechen“sei. Björn Höcke, der eine „erinnerungspolitische Wende“gefordert hatte und gegen den deswegen ein Parteiausschlussverfahren angekündigt wurde, habe weder an dieser noch an anderen Passagen mitgeschrieben, beteuerte Programmkommissionschef Albrecht Glaser. Diese Frage wurde dann doch erlaubt.
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