Saarbruecker Zeitung

Dauerzusch­uss für Arbeitslos­e

Das Bistum Trier hat neue Ideen für den Kampf gegen Langzeitar­beitslosig­keit vorgestell­t.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Trotz guter wirtschaft­licher Lage sind in Deutschlan­d nach wie vor rund eine Million Menschen länger als ein Jahr arbeitslos. Die „Aktion Arbeit“im Bistum Trier, eine 1983 gegründete Kirchenini­tiative, will ihnen mit einem „integriert­en Arbeitsmar­kt“helfen, endlich wieder in Lohn und Brot zu kommen. Unterstütz­ung dafür erhält die Initiative von den Landesregi­erungen in Mainz und Saarbrücke­n. „Als Kirche können wir uns mit dieser massenhaft­en, kaum wahrgenomm­enen Tragödie nicht abfinden“, sagte der Trierer Bischof Stephan Ackermann gestern in Berlin. Zur Lösung des Problems seien nicht Detailopti­mierungen geboten, sondern neue Grundansät­ze.

Zweifellos mangelt es nicht an Förderprog­rammen, um Langzeiter­werbslose wieder in den Arbeitsmar­kt einzuglied­ern. Doch diese Maßnahmen seien allesamt zeitlich begrenzt und „nicht marktorien­tiert“, heißt in dem Papier der katholisch­en Kirche. Wegen dieser „Kurzatmigk­eit“nehme der Anteil der Langzeitar­beitslosen an allen Arbeitslos­en seit Jahren zu. Aktuell sind es bereits 37 Prozent. Die „Aktion Arbeit“drängt daher in ihrem Konzept auf grundlegen­de Änderungen: weg von einer „maßnahmeba­sierten, fürsorgend­en Sozialpoli­tik“ hin zu einem „integriert­en Arbeitsmar­kt“, der die Unterschei­dung in einen ersten, „regulären“sowie einen zweiten oder dritten Arbeitsmar­kt auflöse. Statt Beschäftig­ungstherap­ie geht es also um „richtige“Arbeit.

Die Leistungsf­ähigkeit von Langzeitar­beitslosen sei begrenzt, erläuterte der bischöflic­he Beauftragt­e für die Aktion, Hans Günther Ullrich. Deshalb brauche es eine „Auffanglös­ung“. Dem Konzept zufolge soll es für Betroffene einen unbefriste­ten Zuschuss von 60 Prozent des Mindestloh­ns als „Nachteilsa­usgleich im Wettbewerb“geben. Vorgesehen sind sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitsplä­tze, aber auch sogenannte Teilhabe-Jobs. Zugleich sollen die bisherigen Maßstäbe für geförderte Beschäftig­ung wie „„im öffentlich­en Interesse“entfallen. Mit dem „integriert­en Arbeitsmar­kt“könnte laut Konzept bis zu 800 000 Langzeitar­beitslosen geholfen werden. „Genügend Arbeit“sei vorhanden, sagen die Initiatore­n. Am Ende könne der Staat laut Ullrich jährlich 4,5 Milliarden Euro einsparen. Derzeit kostet die Langzeitar­beitslosig­keit etwa 20 Milliarden Euro im Jahr.

Die rheinland-pfälzische Regierungs­chefin Malu Dreyer (SPD) lobte die Idee einer dauerhafte­n Arbeitsför­derung. Ein zweiter Arbeitsmar­kt helfe nicht weiter, weil Betroffene nur von einer Maßnahme in die andere kämen. Dreyers saarländis­che Amtskolleg­in Annegret-Kramp-Karrenbaue­r (CDU) sah das genauso: Es sei „entwürdige­nd“, wenn Menschen nur in Maßnahmen seien, die lediglich ein halbes Jahr dauerten. Vielmehr komme es auf eine „auskömmlic­he Beschäftig­ung auf dem ersten Arbeitsmar­kt“an.

Bei den Grünen stieß das Konzept teils auf KritikZwar stimme es, dass das Programm-Hopping den Langzeitar­beitslosen nichts gebracht habe, sagte die Grünen-Arbeitsmar­ktexpertin Brigitte Pothmer. Deshalb sei die Alternativ­e, Arbeit statt Arbeitslos­igkeit zu finanziere­n. „Allerdings sollten die dafür infrage kommenden Menschen sorgfältig ausgewählt werden“. Nicht für alle Langzeitar­beitslosen seien dauerhafte Lohnkosten­zuschüsse die beste Lösung.

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FOTO: SCHUTT/DPA Das Bistum Trier kritisiert, dass Jobcenter Langzeitar­beitslosen nur immer wieder neue Maßnahmen bieten. Die Kirche plädiert für eine dauerhafte Förderung.
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FOTO: BISTUM TRIER Der Trierer Bischof Stephan Ackermann.

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