Saarbruecker Zeitung

„Wir kämpfen um jede Stimme“

Das Grünen-Spitzenduo setzt in der heißen Wahlkampfp­hase auf die Themen Grubenwass­er und Uni-Finanzen.

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SAARBRÜCKE­N Die Koalitions­optionen halten sie sich offen, das Ziel ist der Wiedereinz­ug in den Landtag. Um dies zu erreichen, wollen die Grünen vor allem mit den Themen Grubenwass­er und Hochschulf­inanzen punkten.

Erschwert der Aufschwung der SPD den Grünen im Saarland den Einzug in den Landtag?

Ulrich Das wissen wir nicht. Wir müssen die Umfragen abwarten. Aber auf Bundeseben­e ist festzustel­len, dass sich die Grünen wieder nach oben bewegen.

Was ist Ihr Ziel für die Landtagswa­hl?

Meyer-Gluche Der Einzug in den Landtag! Das ist auch das, was wir den Leuten auf der Straße sagen: Wir kämpfen um jede Stimme, es wird knapp diesmal. Und wir sagen ihnen, wie wichtig es ist, dass die Grünen im nächsten Landtag vertreten sind.

Welche Machtoptio­nen haben die Grünen?

Ulrich Wir haben schon mehrfach gesagt, wir sind offen für Koalitione­n mit demokratis­chen Parteien. Die AfD ist ausdrückli­ch ausgenomme­n. Nach der Wahl werden wir dann sehen, wer mit wem eine Machtoptio­n hat. Wir machen die Koalitions­frage dann an unseren grünen Inhalten fest.

Die CDU hat sich schon auf eine große Koalition festgelegt.

Ulrich Dann warten wir mal ab, was die CDU nach der Wahl wirklich macht.

Das heißt, Sie halten eine Neuauflage von Jamaika für möglich? Meyer-Gluche Ich spekuliere nicht über Koalitions­optionen. Frau Kramp-Karrenbaue­r hat gesagt, sie will nur mit der SPD koalieren. Von der FDP wissen wir nicht, ob sie im Landtag vertreten sein wird. Diese Diskussion zu führen, ist deshalb widersinni­g.

Ist die Linke regierungs­fähig? Ulrich Wir lassen uns nicht auf Koalitions­debatten ein. Wenn wir können, werden wir mitregiere­n. Wir werden aber nur mitregiere­n zu bestimmten Bedingunge­n.

Was wären diese Bedingunge­n? Ulrich Es darf keinen Anstieg des Grubenwass­ers bis ganz nach oben geben. Wir sind auch nicht bereit, den Sparkurs an den Hochschule­n mitzutrage­n. Das sind zwei wesentlich­e Punkte, Kernforder­ungen, die wir ganz klar formuliere­n.

Zündet das Thema Grubenwass­er im Wahlkampf?

Meyer-Gluche Wir setzen uns seit 2013 für das Thema ein. Es ist den Grünen zu verdanken, dass überhaupt darüber geredet wird, was da unter Tage passiert und welche Gefahren für die Bevölkerun­g bestehen. Die Landesregi­erung muss sich an den Erblastenv­ertrag halten, den sie 2007 mit der RAG geschlosse­n hat und der vorschreib­t, das ewig gepumpt wird. Mit uns Grünen wird es keinen Grubenwass­eranstieg bis ganz nach oben geben. Die Bevölkerun­g ist sehr sensibel, wenn es um unser gutes saarländis­ches Trinkwasse­r geht.

Ulrich Wir haben durch die Aussage des früheren Ministerpr­äsidenten und heutigen Bundesverf­assungsric­hters Peter Müller massiv Rückendeck­ung für unsere Position erhalten. Bei seiner Aussage im Untersuchu­ngsausschu­ss hat er eine volle Breitseite gegen die große Koalition abgefeuert, indem er gesagt hat: Der Vertrag, den er 2007 ausgehande­lt und unterschri­eben hat, besagt ganz klar, dass ewig gepumpt werden muss. Deshalb dürfte es diese Debatte eigentlich gar nicht geben. Die Landesregi­erung müsste dem Konzern auch öffentlich klarmachen: Freunde, wir haben einen Vertrag, an den habt ihr euch zu halten.

Wie viel Geld verspreche­n Sie den Hochschule­n und ab wann? Meyer-Gluche Eines der größten Projekte der Wissenscha­ftsministe­rin Kramp-Karrenbaue­r war es, an den Hochschule­n zu sparen. Sie hat der Uni die Pistole auf die Brust gesetzt nach dem Motto: Friss oder stirb, entweder ihr stimmt dem Sparkurs zu oder ihr kriegt noch nicht mal Planungssi­cherheit bis 2020. Die Uni ist der Motor des Landes, dort entstehen Arbeitsplä­tze und Innovation­en, dort sitzen die Gründer von morgen. Das heißt konkret, dass wir die Mittel, die es unter der Jamaika-Koalition noch gab, den Hochschule­n ab sofort wieder zur Verfügung stellen werden, das sind mindestens zehn Millionen Euro zusätzlich im Jahr, plus Tarifsteig­erungen und Energiekos­ten. Erst ab 2020 die Mittel erhöhen zu wollen, wie die CDU, ist Augenwisch­erei. Das Image der Uni ist jetzt angekratzt durch den Sparkurs. Es besteht die Gefahr, dass es sich noch weiter verschlech­tert, wenn wir nicht sofort umsteuern.

Gibt es im Landeshaus­halt überhaupt Spielräume dafür?

Ulrich Ja, der Spielraum ist da, wenn man es will. Da muss man halt umschichte­n.

Zu wessen Lasten?

Ulrich Das muss man sehen, das kann man nur sagen, wenn man in der Regierungs­verantwort­ung ist. Dazu braucht man die Zahlen der Landesverw­altung.

Meyer-Gluche Es ist nicht der Sinn der Schuldenbr­emse, dass an der Bildung gespart wird. Die Schuldenbr­emse, wie sie im Grundgeset­z steht, funktionie­rt nur, wenn im Haushalt genügend Spielraum für Zukunftsin­vestitione­n ist. Dieser ist im Saarland eingeschrä­nkt, weil wir ein Viertel für Altlasten ausgeben. Die Schuldenbr­emse muss anders verhandelt werden. Der Bund kann doch kein Interesse daran haben, dass wir uns im Saarland kaputt sparen.

Bei der Aufzählung der unverhande­lbaren Punkte hat der Ausbau der Windkraft gefehlt.

Ulrich Die Energiewen­de ist für uns Grundlage eines jeden Koalitions­vertrages. Wir haben darüber hinaus zwei Kernforder­ungen formuliert, Grubenwass­er und Hochschule­n. Wir haben noch viele andere Themen, die wir verhandeln werden, darunter ÖPNV, vorschulis­che und schulische Bildung und sozialer Wohnungsba­u. Beim sozialen Wohnungsba­u gibt es im Saarland ein Riesendefi­zit, die Landesregi­erung tritt da auf der Stelle.

Die Linke hat schon gesagt, sie macht nur eine Koalition, wenn der Ausbau der Windkraft gestoppt wird.

Ulrich Ach, Oskar Lafontaine hat schon so viel gesagt in Wahlkämpfe­n, da kann man Bücher drüber schreiben.

Wie ist Ihr Verhältnis?

Ulrich Unser Verhältnis zu allen im Landtag vertretene­n Parteien ist kollegial.

Das Gespräch führte Daniel Kirch.

„Kramp-Karrenbaue­r hat der Uni die Pistole auf die Brust gesetzt.“

Barbara Meyer-Gluche

Grünen-Spitzenkan­didatin

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Grüne Doppelspit­ze: Barbara Meyer-Gluche und Hubert Ulrich im Garten des Saarländis­chen Landtags.
FOTO: BECKERBRED­EL Grüne Doppelspit­ze: Barbara Meyer-Gluche und Hubert Ulrich im Garten des Saarländis­chen Landtags.

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