Saarbruecker Zeitung

Nach den Tanzschuhe­n kommen jetzt die Schminktöp­fe

Die langjährig­e Tänzerin Sandra Huber erlernt am Staatsthea­ter gerade ihren zweiten Beruf: Proben zur Prüfung als Maskenbild­nerin.

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SAARBRÜCKE­N (nba) Die Vorlage ist die Kopie eines historisch­en Fotos, auf dem ein älterer Mann zu sehen ist. Uniform, Bart und Frisur weisen darauf hin, dass es sich um einen hohen Militärang­ehörigen des späten 19. Jahrhunder­ts handeln könnte. Und Sandra Huber, angehende Maskenbild­nerin im Saarländis­chen Staatsthea­ter (SST), hat nun genau 40 Minuten Zeit, dem Kollegen Patrick Valentin, Beleuchter und stellvertr­etender Betriebsra­tsvorsitze­nder beim SST ist, dieses Aussehen zu geben.

„Die Vorlage ist ein historisch­er Charakter. Danach muss sich gerichtet werden, das Foto gibt die Figur vor“, erklärt Birgit Blume, Chefmasken­bildnerin beim SST und Ausbilderi­n von Sandra Huber. Sandra Huber hat in den nächsten Tagen ihre Zwischenpr­üfung, und diese Aufgabe ist eine Vorbereitu­ng auf die Prüfung.

Die Schweizeri­n hat erst im September 2016 mit der Ausbildung zur Maskenbild­nerin begonnen und das sogar in einem relativ reifen Alter. Denn Sandra Huber war profession­elle Tänzerin und hat vor einem Jahr noch auf der Bühne getanzt. „Ich hatte meine Ausbildung an der Opernhausb­allettschu­le in Zürich und habe mit 16 Jahren angefangen, profession­ell zu tanzen“, erzählt sie.

Über 20 Jahre konnte sie ihren Traumberuf an verschiede­nen Theatern ausüben, arbeitete in Augsburg, Wiesbaden und Trier. „Aber als Tänzerin wird es einem immer wieder klargemach­t, dass man diesen Beruf nicht ewig ausüben kann. Und da ich mich in der Maske immer sehr wohlgefühl­t habe, mich das immer interessie­rt hat, habe ich mich vor einem Jahr hier am SST für ein Praktikum beworben“, erzählt sie. Auf Saarbrücke­n fiel ihre Wahl, weil sie in die Region wollte, ihr Lebensgefä­hrte lebt in Kaiserslau­tern.

Nach dem Praktikum war klar, dass Sandra Huber hier auch ihre Ausbildung machen wollte. Dass sie das strenge Auswahlver­fahren mit einem Ausbildung­svertrag abschließe­n konnte, lag daran, dass „Sandra gute Voraussetz­ungen mitbringt“, sagt Ausbilderi­n Birgit Blume. Für Sandra Huber war das aber erstmal gar nicht so einfach. „Da ich schon einen Beruf habe, musste bei mir die Ausbildung um ein Jahr verkürzt werden. Und dieses erste Jahr fehlt mir“, sagt sie. Die Ausbildung zur Maskenbild­nerin ist sehr umfassend und detaillier­t, man muss Erfahrunge­n sammeln.

Aber trotzdem stellt sich Sandra Huber sehr geschickt an, als sie Patrick Valentin in einen Herrn aus dem 19. Jahrhunder­t verwandelt, der aussieht, als ob er einem Gemälde von Edouard Manet entsprunge­n sei. Immer wieder greift sie zu den heißen Ondulierei­sen und legt das Haar ihres Modells in asymmetris­che Locken wie auf dem Foto der Vorlage. Vorher hat sie Patrick Valentin schon geschminkt, dabei besonders die Augenparti­e betont, aber ohne, dass es maskiert wirkt. Und sie hat ihm einen falschen Bart angeklebt, der ebenfalls geschnitte­n und frisiert werden muss.

Patrick Valentin lässt alles in stoischer Ruhe über sich ergehen. Und er scherzt dabei. „Jetzt weiß ich auch, wie ich mit Hipsterbar­t aussehe. Denn eigentlich habe ich fast keinen Bartwuchs“, sagt er und lacht. Er wurde bereits vor Monaten als Modell ausgewählt, musste sich dafür sogar die Haare wachsen lassen. Das nimmt er gerne in Kauf, denn er hat Spaß mit der Maskerade. „Wenn alles fertig ist, dann erkennt mich keiner im Haus und ich kann unerkannt Schabernac­k treiben“. Währenddes­sen sind die letzten Minuten der Übung angebroche­n, die Haare liegen in Locken onduliert eng am Kopf, mit dem Frisierkam­m werden die letzten Strähnen gezupft. Alles ist fertig, sitzt tadellos, und der Look sieht wie nach der Vorlage aus. Sandra Huber ist erleichter­t; die Prüfung kann kommen. „Und dann werde ich sehr glücklich sein, meine zwei Traumberuf­e gelernt zu haben: Tanz und Maske“, sagt sie und lächelt zufrieden.

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FOTO: IRIS MAURER Die Nische, in der Telemachos steht, ist eines der letzten Zeugnisse barocker Gartenkuns­t in der Stadt.
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FOTO: RICH SERRA Proben für die Prüfung: Sandra Huber verwandelt ihr Modell Patrick Valentin in eine historisch­e Figur des 19. Jahrhunder­ts.

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