Saarbruecker Zeitung

Die Maut kommt an ihre Grenzen

Im Bundestag muss Minister Dobrindt viel Kritik für das Projekt einstecken. Und im Bundesrat sah es noch schlechter aus.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Der Tag wird ungemütlic­h für Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU). Von Rednern im Bundesrat erhält er für seine PkwMaut eine Watsche, zeitgleich wird er auch im Bundestag von der Opposition verbal geprügelt. Und dann muss Dobrindt auch noch erkennen, dass der Koalitions­partner SPD in Sachen Zustimmung gehörig wackelt.

Im Parlament kontert der Minister die Angriffe mit einem Urlaubserl­ebnis. Neulich habe er an der Grenze zu Österreich das „Pickerl“bezahlt, dann die Brenner-Maut und schließlic­h auch noch für die Nutzung der italienisc­hen „Autostrada“. In der Summe „hat mich das 64 Euro Maut gekostet“. Er habe das Geld „gerne“ausgegeben, „weil ich auf guten Straßen sicher an meinen Urlaubsort gekommen bin und wieder zurück“. Das könne man auch von den Bürgern der Nachbarlän­der erwarten. Für die „Maut-Maulerei“aus Österreich habe er deshalb kein Verständni­s. Wenn es so einfach wäre. Die Maut für alle, die aber nur ausländisc­he Fahrer zusätzlich belasten soll, heißt inzwischen „Infrastruk­turabgabe“. Klingt besser. Schon vor zwei Jahren wurde das CSU-Projekt mit Hängen und Würgen von der großen Koalition im Bundestag beschlosse­n. Jetzt die Wiedervorl­age. Denn Dobrindt musste auf Verlangen der EU-Kommission nachbesser­n, damit Brüssel die PkwMaut mit dem Europarech­t für vereinbar erklären konnte. Da die Bundestags­wahl naht und danach alle Karten neu gemischt werden, peitscht der Minister das Vorhaben jetzt „eilbedürft­ig“durch den Bundestag und den Bundesrat. Zustimmen muss die Länderkamm­er nicht. Aber sie könnte im weiteren Verfahren den Vermittlun­gsausschus­s anrufen. Das würde alles nochmal extrem in die Länge ziehen. Die Maut sei „eine in ein Gesetz gegossene Bierzeltpa­role der CSU“, schimpft der Grüne Oliver Krischer im Parlament. Dobrindt lächelt die Kritik weg. Konkret nachbesser­n musste er in zwei Punkten: So sollen die Kurzzeitta­rife für Fahrer aus dem Ausland nun sechs statt drei Preisstufe­n umfassen. Zum anderen soll der Maut-Ausgleich für Inländer über die Kfz-Steuer noch verbessert werden. Um jährlich 100 Millionen Euro für abgasarme Euro-6-Autos, deren Zahl auf deutschen Straßen steigt. Dobrindt bleibt trotzdem dabei: Nach Abzug aller Kosten gibt es für den Straßenbau Mehreinnah­men von 500 Millionen Euro pro Jahr. Das hat er versproche­n. Man vollziehe den Wechsel von einer „steuerfina­nzierten Infrastruk­tur hin zu einer nutzerfina­nzierten“, so Dobrindt.

Um die vermuteten Einnahmen ist freilich ein Gutachter-Streit entstanden. Kann hinkommen, wird deutlich weniger, Dobrindt muss sogar noch draufzahle­n – für jede Meinung haben Verbände, Ministeriu­m und Opposition eine Expertise erstellen lassen. SPD-Finanzexpe­rte Andreas Schwarz kommentier­t: „Das Kernproble­m des Projektes ist die Einnahmese­ite.“Die Genossen hatten deshalb Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) schriftlic­h aufgeforde­rt, alles nachzurech­nen. Unüblich ist es nicht, dass das Finanzmini­sterium Berechnung­en anderer Ressorts überprüft. In diesem Fall will Schäuble aber nicht. Warum wohl? Dann werde man halt nicht zustimmen, so SPD-Parlaments­geschäftsf­ührerin Christine Lambrecht. Die Maut wird zur Wackelpart­ie für Dobrindt. Und zur Koalitions­frage? Im Bundesrat erklärt Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) die Kritik der Länder mit Außengrenz­en: Die Gebühr sei „ein überflüssi­ges Hemmnis“in den Grenzregio­nen. Länder wie Niedersach­sen, NRW oder das Saarland mit Ministerpr­äsidentin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) an der Spitze fordern Nachbesser­ungen durch mautfreie Abschnitte. Doch das will Dobrindt nicht. Bislang zumindest. KrampKarre­nbauer ihrerseits betonte, das Saarland lehne die Maut ohne Ausnahmen für Grenzregio­nen nach wie vor ab. Das gilt auch für ihre Amtskolleg­in aus Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (SPD). Am Ende ist klar: Die MautSchlac­ht hat Dobrindt noch lange nicht gewonnen.

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Maut bezahlen.
GRAFIK: SZ Ausländer sollen nach dem Grenzübert­ritt in Deutschlan­d Maut bezahlen.
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FOTOS (2): DPA Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidenten Malu Dreyer (SPD) will ebenfalls Ausnahmen.
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Saar-Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) fordert Nachbesser­ungen für das Land.

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