Smartphone-App statt Schwarzes Brett
Ob zur Uni, auf die Arbeit oder in den Urlaub: Immer mehr Internetdienste vermitteln kostenlos Mitfahrgelegenheiten.
HANNOVER (dpa) Millionen Menschen in Deutschland pendeln täglich oder mehrmals wöchentlich. Dazu gehören nicht nur Erwerbstätige, sondern auch viele Schüler und Studenten. Die Tendenz ist steigend. Während die Kontakte früher zumeist über Schwarze Bretter und endlose Telefonate zustande kamen, werden Mitfahrgelegenheiten heute mit Hilfe von Internetportalen wie BlaBlaCar, flinc oder fahrgemeinschaft.de gebildet.
Mit 40 Millionen Mitgliedern ist BlaBlaCar aus Frankreich das größte Mitfahrerportal Europas. Bevor Nutzer auf der Internetseite oder per App nach einer passenden Mitfahrgelegenheit suchen oder einen Platz in ihrem Auto anbieten, müssen sie sich kostenlos registrieren und ein Benutzerprofil anlegen. Darin können etwa Vorlieben wie Redseligkeit, Nichtraucher oder Fahrzeugtyp beziehungsweise Fahrweise angegeben werden.
Nachdem Pendler in der Suchmaske Start, Ziel und Datum ihrer Reise festgelegt haben, spuckt BlaBlaCar alle verfügbaren Fahrten aus. Mitfahrer reservieren ihre Plätze online und bezahlen vorab über Paypal, Kreditkarte oder Selbstüberweisung. Seit August vergangenen Jahres gibt es außerdem eine Reservierungsgebühr für Nutzer aus Deutschland, die sich nach der individuellen Fahrt richtet: Auf einer Strecke wie Berlin-Hamburg beträgt sie zwei bis drei Euro, sagt Olivier Bremer von BlaBlaCar. Hat ein Nutzer eine Fahrt in Anspruch genommen, verlangt das Portal im Anschluss nach einer Bewertung.
Das Prinzip von flinc ist ähnlich. Auch flinc ist kostenlos als App für iOS und Android erhältlich. Eine vorherige Registrierung ist notwendig. Im Gegensatz zu BlaBlaCar werden auf flinc hauptsächlich kurze, dafür jedoch regelmäßige Fahrten angeboten, die sich vor allem an Berufspendler oder Studenten richten. Mitfahrer bezahlen in der Regel nach der Fahrt in bar. Derzeit sind 350 000 Nutzer auf flinc registriert.
Eine weitere Alternative ist das Internetportal und die dazugehörige App fahrgemeinschaft.de. In Kooperation mit dem ADAC vermittelt der Dienst kostenlos zwischen Fahrern und Pendlern. Für eine Registrierung wird keine ADAC-Mitgliedschaft vorausgesetzt. Anders als bei BlaBlaCar gibt es bei flinc und bei fahrgemeinschaft.de keine Bewertungsfunktion, sodass sich Nutzer auf die eigenen Angaben der Fahrer verlassen müssen. Neben Autofahrten lassen sich jedoch auch Bahntickets teilen.
„Durch mobile Endgeräte und Webtechnik wurden Fahrgemeinschaften auf eine andere Ebene gehoben“, sagt Frank Dalock. Der Inhaber einer Lüneburger Internetagentur hatte die Idee für die Plattform Pendlerportal.de. Hier zahlen nicht die Mitfahrer, sondern auch Kommunen und Unternehmen, die damit ihren Bürgern oder Mitarbeitern helfen, Fahrgemeinschaften zu gründen. „Zu Beginn stand bei uns der Berufspendler im Fokus“, erläutert Dalock. Inzwischen werden auch Wochenendfahrten oder einmalige Touren vermittelt. 250 Lizenzen für Städte, Gemeinden und Unternehmen hat Dalock bislang bundesweit verkauft. Er sieht das Angebot als Ergänzung zu Bus, Bahn und anderen Verkehrsangeboten.
In manchen Städten wird an Apps gearbeitet, über die Nutzer individuell nach dem schnellsten und günstigsten Verkehrsweg zum jeweiligen Ziel suchen können. Egal ob es die Bahn, der Bus, das Fahrrad, oder auch das private Auto ist. Soll es ein Nichtraucherauto sein? Oder fährt der Nutzer lieber mit Frauen als mit Männern? Auch das könne bei diesen Diensten ausgewählt werden. „Online-Portale sind unkompliziert, schnell und spontan“, sagt Ole Kamm vom Verkehrsclub Deutschland. Die Gesuche würden sofort abgeglichen, auch der Zustieg entlang der Strecke werde geprüft. Allerdings sei die Vermittlung weitgehend anonym. Wie sicher ein Fahrer wirklich fährt, sei oft nicht zu ermitteln.
„Online-Mitfahrportale sind unkompliziert, schnell und spontan.“