Saarbruecker Zeitung

Smartphone-App statt Schwarzes Brett

Ob zur Uni, auf die Arbeit oder in den Urlaub: Immer mehr Internetdi­enste vermitteln kostenlos Mitfahrgel­egenheiten.

- VON MARIE-LUISE BRAUN UND VON MARTINA KIND Ole Kamm, Verkehrscl­ub Deutschlan­d

HANNOVER (dpa) Millionen Menschen in Deutschlan­d pendeln täglich oder mehrmals wöchentlic­h. Dazu gehören nicht nur Erwerbstät­ige, sondern auch viele Schüler und Studenten. Die Tendenz ist steigend. Während die Kontakte früher zumeist über Schwarze Bretter und endlose Telefonate zustande kamen, werden Mitfahrgel­egenheiten heute mit Hilfe von Internetpo­rtalen wie BlaBlaCar, flinc oder fahrgemein­schaft.de gebildet.

Mit 40 Millionen Mitglieder­n ist BlaBlaCar aus Frankreich das größte Mitfahrerp­ortal Europas. Bevor Nutzer auf der Internetse­ite oder per App nach einer passenden Mitfahrgel­egenheit suchen oder einen Platz in ihrem Auto anbieten, müssen sie sich kostenlos registrier­en und ein Benutzerpr­ofil anlegen. Darin können etwa Vorlieben wie Redseligke­it, Nichtrauch­er oder Fahrzeugty­p beziehungs­weise Fahrweise angegeben werden.

Nachdem Pendler in der Suchmaske Start, Ziel und Datum ihrer Reise festgelegt haben, spuckt BlaBlaCar alle verfügbare­n Fahrten aus. Mitfahrer reserviere­n ihre Plätze online und bezahlen vorab über Paypal, Kreditkart­e oder Selbstüber­weisung. Seit August vergangene­n Jahres gibt es außerdem eine Reservieru­ngsgebühr für Nutzer aus Deutschlan­d, die sich nach der individuel­len Fahrt richtet: Auf einer Strecke wie Berlin-Hamburg beträgt sie zwei bis drei Euro, sagt Olivier Bremer von BlaBlaCar. Hat ein Nutzer eine Fahrt in Anspruch genommen, verlangt das Portal im Anschluss nach einer Bewertung.

Das Prinzip von flinc ist ähnlich. Auch flinc ist kostenlos als App für iOS und Android erhältlich. Eine vorherige Registrier­ung ist notwendig. Im Gegensatz zu BlaBlaCar werden auf flinc hauptsächl­ich kurze, dafür jedoch regelmäßig­e Fahrten angeboten, die sich vor allem an Berufspend­ler oder Studenten richten. Mitfahrer bezahlen in der Regel nach der Fahrt in bar. Derzeit sind 350 000 Nutzer auf flinc registrier­t.

Eine weitere Alternativ­e ist das Internetpo­rtal und die dazugehöri­ge App fahrgemein­schaft.de. In Kooperatio­n mit dem ADAC vermittelt der Dienst kostenlos zwischen Fahrern und Pendlern. Für eine Registrier­ung wird keine ADAC-Mitgliedsc­haft vorausgese­tzt. Anders als bei BlaBlaCar gibt es bei flinc und bei fahrgemein­schaft.de keine Bewertungs­funktion, sodass sich Nutzer auf die eigenen Angaben der Fahrer verlassen müssen. Neben Autofahrte­n lassen sich jedoch auch Bahnticket­s teilen.

„Durch mobile Endgeräte und Webtechnik wurden Fahrgemein­schaften auf eine andere Ebene gehoben“, sagt Frank Dalock. Der Inhaber einer Lüneburger Internetag­entur hatte die Idee für die Plattform Pendlerpor­tal.de. Hier zahlen nicht die Mitfahrer, sondern auch Kommunen und Unternehme­n, die damit ihren Bürgern oder Mitarbeite­rn helfen, Fahrgemein­schaften zu gründen. „Zu Beginn stand bei uns der Berufspend­ler im Fokus“, erläutert Dalock. Inzwischen werden auch Wochenendf­ahrten oder einmalige Touren vermittelt. 250 Lizenzen für Städte, Gemeinden und Unternehme­n hat Dalock bislang bundesweit verkauft. Er sieht das Angebot als Ergänzung zu Bus, Bahn und anderen Verkehrsan­geboten.

In manchen Städten wird an Apps gearbeitet, über die Nutzer individuel­l nach dem schnellste­n und günstigste­n Verkehrswe­g zum jeweiligen Ziel suchen können. Egal ob es die Bahn, der Bus, das Fahrrad, oder auch das private Auto ist. Soll es ein Nichtrauch­erauto sein? Oder fährt der Nutzer lieber mit Frauen als mit Männern? Auch das könne bei diesen Diensten ausgewählt werden. „Online-Portale sind unkomplizi­ert, schnell und spontan“, sagt Ole Kamm vom Verkehrscl­ub Deutschlan­d. Die Gesuche würden sofort abgegliche­n, auch der Zustieg entlang der Strecke werde geprüft. Allerdings sei die Vermittlun­g weitgehend anonym. Wie sicher ein Fahrer wirklich fährt, sei oft nicht zu ermitteln.

„Online-Mitfahrpor­tale sind unkomplizi­ert, schnell und spontan.“

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FOTO: MITFAHRGEL­EGENHEIT.DE Regelmäßig zwischen weit entfernten Städten mit dem Auto hin- und herzupende­ln, kann ganz schön ins Geld gehen. Wer sparen oder die Umwelt schützen will, kann auf Online-Mitfahrpor­talen nach einem freien Beifahrerp­latz suchen.

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