Vive le Stammtisch
In Saarbrücken treffen sich regelmäßig Leute, die sich gern auf Deutsch oder Französisch unterhalten wollen
SAARBRÜCKEN Stammtisch? „Auf Französisch gibt es das Wort gar nicht“, sagt Louise Monnier. Trotzdem hat sie zusammen mit der Jungen Botschafterin aus Nantes Iseult Clauzier einen gegründet: für Leute, die sicher gern auf Französisch oder Deutsch unterhalten, ihre Sprachkenntnisse auffrischen möchten und gern neue Leute kennenlernen. Louise, die als Freiwillige am Frankreichzentrum arbeitet, grübelt. „In Frankreich sagt man café des langues oder auch soirée linguistique“, fällt ihr ein. Hört sich irgendwie zu steif an für diese lockere Runde, die sich alle vierzehn Tage in einer Saarbrücker Kneipe trifft. Gern auch bei einem Glas Bier oder Wein. Sechs sind es diesmal im Zing, viele zum ersten Mal dabei.
„Da werden bestimmt noch welche kommen“, ist sich Louise sicher. Soll man vielleicht eine kleine Vorstellungsrunde machen, oder noch die berühmte akademische Viertelstunde warten? Nur, wie heißt das auf Französisch? Louise stutzt. Akademisch? „Bei uns heißt das quart d’heure de politesse.“Die Viertelstunde der Höflichkeit. Nach der trifft Thomas am Tisch ein, direkt von der Arbeit. Er habe seit Oktober eine Stelle bei der Deutsch-Französischen Handelskammer, komme aus der Gegend von Nantes und sein Deutsch sei noch ziemlich schlecht, erzählt er auf Französisch. Um so besser für die Deutschen in der Runde, denn das ist ja die Sprache, in der sie hier reden wollen. So wie Kathrin, die bei der Deutsch-Französischen Stiftung für die kulturelle Zusammenarbeit tätig ist. „Ich höre die ganze Zeit Französisch, aber ich spreche nicht selbst“, sagt sie bedauernd.
Beim Deutsch-Französischen Jugendwerk in Saarbrücken, wo Benjamin als französischer Freiwilliger arbeitet, hat man es deshalb geregelt: „Wir wechseln uns im Büro immer ab, drei Tage sprechen wir Deutsch, zwei Tage Französisch“, berichtet er. Fast alle am Tisch,– am Ende sind es zwölf – sind unter Dreißig, fast alle arbeiten in der Landeshauptstadt in deutsch-französischen Einrichtungen, fast alle kommen von außerhalb des Saarlandes. So wie die Rheinland-Pfälzerin, heute in der internationalen Presseabteilung bei V&B berufstätig, hat mehrere das Studium der Interkulturellen Kommunikation hierher geführt. Oder die deutsch-französischen grenzüberschreitenden Studien, wie bei Jéremie. „Ich wollte mal raus aus Paris“, erklärt er. So hat er bereits Metz kennengelernt, das eine sehr malerische Stadt sei, aber Saarbrücken dafür viel lebendiger, wie er findet.
Auch die Sächsin Yvonne, die nach einer Zeit in Stuttgart seit kurzem an der Saar-Uni Kommunikationsrecht studiert, ist von Saarbrücken begeistert. „Hier kann ich zum ersten Mal meine Leidenschaft fürs Deutsch-Französische richtig ausleben“, schwärmt sie. Besonders gut geht das an diesem Stammtisch, wo sie Gleichgesinnte findet. Jeder spricht hier, wie er will, mal in der einen, mal in der anderen Sprache. Und man hat sich offenbar viel zu sagen. Bald hört man lauter Zweier- und Dreier-Grüppchen rund um den Tisch lachen und heftig diskutieren. Nicht nur Benjamin, der am Anfang recht still wirkte, will wiederkommen. Wegen der „convivialité“, erklärt er.
Alle nickend zustimmend. Klingt das für deutsche Ohren nicht viel schöner und weniger abgenutzt als „Geselligkeit“?