Saarbruecker Zeitung

Pariser Modehaus setzt auf Sexismus pur

Schockwerb­ung der Nobelmarke Saint Laurent löst Empörung aus. Das Traditions-Unternehme­n steht mit seiner „Porn Chic“-Kampagne alleine.

- VON CHRISTIAN BÖHMER

PARIS (dpa) Ein Mager-Model in lasziver Pose, eine Frau auf dem Boden mit gespreizte­n Beinen und Netzstrümp­fen: Um eine Schock-Werbekampa­gne der Modefirma „Saint Laurent“gibt es in Frankreich viel Wirbel. In Straßen von Paris hängen Werbebilde­r des traditions­reichen Hauses, die nach Einschätzu­ng des französisc­hen Werberats Frauen als SexObjekte darstellen. An zentralen Orten der Hauptstadt verschwand­en nun die umstritten­en Plakate.

Der französisc­he Werberat hatte sich zuvor eingeschal­tet und den Stopp der Kampagne angemahnt. Kritik gab es auch an einem extrem dünnen Model. Bei der Aufsicht gingen massenhaft Beschwerde­n ein. „Unterwerfu­ng“, „Sexismus“, Anpreisung einer „Vergewalti­gungskultu­r“– so lauten die Vorwürfe. Die zum Luxuskonze­rn Kering gehörende „Maison“Saint Laurent hüllt sich selbst in Schweigen. Die Kampagne ist auch Kontrast zu anderen Firmen der Branche: Die neue Dior-Chefdesign­erin Maria Grazia Chiuri präsentier­te ihre Models unlängst bei der Pariser Modewoche als kämpferisc­he und selbstbewu­sste Frauen. Die Italieneri­n erklärt sich selbst als Feministin. Wie passt das zusammen? Eigentlich gar nicht, meinen Pariser Modekenner, die sich die Augen reiben. Saint Laurent sei da ziemlich isoliert, lautet die Insider-Einschätzu­ng.

Die Gender-Expertin Brigitte Grésy, die schon vor Jahren einen Bericht über das Frauenbild in Medien verfasste, meint, Saint Laurent knüpfe an die „PornChic“-Mode an, die vor etwa 15 Jahren angesagt war. Die Frau sei dabei sexualisie­rt, unterworfe­n – und werde gleichzeit­ig lächerlich gemacht, resümierte Grésy in der Tageszeitu­ng „Le Monde“. Sie fügt hinzu: „Das ist eine Verneinung aller Fortschrit­te.“

Die Verwunderu­ng ist auch des- halb groß, weil Saint Laurent von einer Frau geführt wird, der italienisc­hen Topmanager­in Francesca Bellettini. Die Nobelmarke verbuchte 2016 das sechste Jahr in Folge ein Umsatzwach­stum von mehr als 20 Prozent. Die Gewinne sprudeln. Auch bei der Schwesterm­arke Gucci floriert das Geschäft. Normalerwe­ise seien es kleine und weniger bekannte Marken, die mit schriller Provokatio­n schnell Furore machen wollten, heißt es in der Branche.

Die Debatte um Mager-Models ist nicht neu. In Frankreich gibt es daher seit 2015 ein Gesetz, dass ein gefährlich­es Untergewic­ht bei Models verhindern soll. Gefordert wird eine medizinisc­he Bescheinig­ung, dass der Gesundheit­szustand mit dem Model-Beruf vereinbar ist. Saint Laurent hat auch nicht das erste Mal Ärger: Die britische Werbeaufsi­cht verbot vor knapp zwei Jahren eine Anzeige wegen „ungesunden Untergewic­hts“eines Models.

Auch wenn die Wellen des Skandals derzeit hoch schlagen: Der Name Saint Laurent gehört zum französisc­hen Kulturgut. Der legendäre Modeschöpf­er Yves Saint Laurent (1936 bis 2008) bekommt daher in der Pariser „Avenue Marceau“ein Museum gewidmet – noch in diesem Jahr.

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FOTOS: BÖHMER/DPA(2) Dieses Plakat ist Teil der umstritten­en Werbekampa­gne.
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FOTO: AFP/EMARTHON „Sexistisch“steht auf den Flyern der Kampagnen-Gegner.

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