Die ungeklärte Zukunft der Elektromobilität
Auf dem 87. Genfer Automobilsalon präsentiert kein Hersteller wirkliche Innovationen. Zweifel am Boom der Elektroautos wachsen.
GENF Was die Automobilhersteller auf einer Messe präsentieren, hängt weitgehend vom Kundengeschmack und den gesetzlichen Anforderungen ab. Das trifft auch wieder auf den Automobilsalon in Genf zu. Allerdings bleiben viele Fragen zur Zukunft des Automobils offen. Selbst bei den vollmundigen Ansprachen der KonzernChefs wird nicht wirklich klar, wie die Mobilität von morgen aussehen wird.
In Genf wird vor allem diskutiert, wie Opel mit Peugeot auskommen wird. Auch Elektromobilität ist ein beliebtes Thema. Doch Vertreter großer Zulieferer stellen die berechtigte Frage, wer all die Batterien bauen und vor allem die notwendigen Rohstoffe bereitstellen soll, wenn die Kunden sich mehrheitlich für ein Elektroauto entscheiden. Und wo sollen die Batterien geladen werden?
Antworten darauf sucht man in Genf vergeblich. Die Diskussion um die Weiterentwicklung von Akkus wird einmal mehr eher im Verborgenen geführt. So dominieren auf dem Salon erneut die PSstarken Boliden der SportwagenHersteller sowie die soliden Volumen-Produkte, die den Marken den Ertrag sichern sollen. Zur ersten Kategorie zählen gewiss der Ferrari 812 Superfast mit 800 PS oder auch eine weitere Variante des Lamborghini Huracan mit kaum geringerer Leistung. Auch Koenigsegg und Pagani sind wieder an Bord. Ihre handgefertigten Fahrzeuge werden auf der Messe zum Blickfang, denn in freier Wildbahn machen sie sich äußerst rar und lassen sich nur selten beobachten.
Die Volumenhersteller rücken einige interessante Fahrzeuge ins Rampenlicht. Bei Opel etwa ist es der neue Insignia, der wirklich gelungen ist und auch manch einen Franzosen begeistern könnte. Volkswagen setzt auf den neuen Arteon, einen gewachsenen Passat CC, der schon beinahe in den Gewässern des verblichenen Phaeton fischen kann. Ford macht den Fiesta als ST-Version sportlicher und schont damit die Geldbörse ambitionierter Autofahrer. Im Kleinwagen-Segment ist auch der knuffig geratene Kia Picanto unterwegs. Deutlich geringer jedoch dürften die Absatzzahlen des Honda Civic Type-R ausfallen, der mit 320 PS einen neuen Maßstab setzt. Zahmer gebärden sich auch formal die beiden aufgefrischten Volumenmodelle Suzuki Swift und Skoda Rapid.
Wie ein Tsunami schwappt die SUV-Welle über den Salon. Noch als Konzept hat Marc Lichte, der Chefdesigner von Audi, den Q8 Sport vorgestellt, die coupéartige Variante des Q7. Renault-NissanChef Carlos Ghosn höchstselbst interessierte sich für das neue Mittelklasse-SUV Mitsubishi Eclipse Cross. Nissan hat 37 Prozent der Mitsubishi-Anteile übernommen. Der Eclipse Cross soll Ende des Jahres zwischen dem ASX, dessen nächste Generation kompakter wird, und dem größeren Outlander seinen Platz finden.
Alfa Romeo feiert die EuropaPremiere des Stelvio, die Schwestermarke Jeep die des Compass, der mit seinem gespitzten Kühlergrill jetzt prächtig zur Modellfamilie passt. Volvo setzt große Erwartungen in den neuen XC60. Die koreanische Marke Ssangyong zeigt mit der Studie XAV-L, dass sie auch ausdrucksstarkes Design beherrscht. Der neue XV von Subaru tritt deutlich gerundeter an, bei Land Rover schlüpft der neue Range Rover Velar in die Lücke zwischen Evoque und Range Rover. Daimler präsentiert den Mercedes-Maybach G650 als ultimatives Luxus-Landaulet-SUV. Die Karosserie ist nur teilweise geschlossen, der hintere Teil des Daches kann wie ein Cabrio geöffnet werden.
Skoda verstärkt die Kodiaq-Familie um die Versionen Sportline und Scout, der mit nochmals mehr Abenteuer-Optik aufwartet. Bei der Antriebstechnik bleibt Lexus beim gängigen Konzept. Der erneuerte LS 500h verfügt wieder über Hybridantrieb. Hyundai setzt verstärkt auf die Brennstoffzelle: Die Studie Futuristic FE Fuel Cell Concept weist den Weg in die Zukunft. Studien von Peugeot (Instinct) und DS (DS7 Crossback) sollen irgendwann einmal elektrisch fahren. Das versprechen auch Honda für sein Konzept NeuV und Toyota für den sich in die Kurve neigenden Dreisitzer iTril, was nicht wirklich überrascht. Hingegen gelingt dem Design-Altmeister Franco Sbarro eine Überraschung. Seine beiden Konzeptfahrzeuge Pendo-Track und Trecto-Sphere sollen dank variabler Spurweiten mehr Raum im Stadtverkehr schaffen. Bei Überlandfahrten geht die Hinterachse in die Breite, im City-Stau machen sie beide Gefährte schmal. Wieder dabei ist außerdem die indische Marke Tata, die einmal mehr viel Auto für wenig Geld verspricht, diesmal heißt die KleinwagenStudie Tigor.
Wirkliche Innovationen und neue Denkansätze werden auch in diesem Jahr nicht in Genf präsentiert. Vielleicht hat sich das Automobil in seiner heutigen Form auch müde gelaufen.