Saarbruecker Zeitung

Das Akkordeon war seine Leidenscha­ft

Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörige­n und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorben­er vor. Heute: Josef Stark.

- VON DIETER GRÄBNER Sohn des Verstorben­en

SAARBRÜCKE­N-BISCHMISHE­IM Josef Stark wurde am 25. März 1926 in Güdingen geboren. Er ist der Sohn des Lokführers Josef Stark, Jahrgang 1902, und seiner Frau Maria, Jahrgang 1903.

Sohn Josef besuchte in Güdingen die Grundschul­e und anschließe­nd die Realschule, die er 1942 mit dem Zeugnis der Mittleren Reife abschloss.

Was nun? Es war Krieg. Er wurde als 16-Jähriger zur Wehrmacht eingezogen, wurde nach einer Ausbildung bei einer Flugabwehr­einheit (Flak) in der Normandie eingesetzt. Letzter Dienstrang war Gefreiter.

1945 wurde er in ein englisches Kriegsgefa­ngenenlage­r in Norddeutsc­hland eingewiese­n, aus dem er noch im selben Jahr geflüchtet ist. Wie sein Vater, der, wie bereits erwähnt, Lokführer war, wollte auch Sohn Josef zur Eisenbahn. Er bewarb sich, wurde noch im selben Jahr als Reichsbahn­inspektora­nwärter eingestell­t.

Er war 19 Jahre alt, seine Freunde nannten ihn „Jupp“, als er seine Ehefrau Ilse, Jahrgang 1925, kennen lernte. Die beiden heirateten katholisch am 17. August 1946 in der Liebfrauen­kirche in Saarbrücke­n. Gefeiert hat das Brautpaar – die Braut ganz in Weiß, der Bräutigam im dunklen Anzug – zu Hause in der Familienwo­hnung. Am 25. Januar 1947 wurde Sohn Manfred geboren. Mutter Ilse bestand darauf, dass der erste Sohn und alle weiteren Kinder evangelisc­h getauft wurden. Sie sagte: „Ich bin zu Hause, ich bin evangelisc­h, ich bin Hausfrau, und ich erziehe die Kinder.“1951 wurde Tochter Evelyne, 1954 wurde Sohn Michael (er hat sich später von der Familie getrennt) geboren. Und 1961 wurde Sohn Uwe geboren.

Vater Josef war ein pflichtbew­usster Eisenbahn-Beamter, aber auch ein guter, vielseitig interessie­rter Vater. Er war musikalisc­h begabt, spielte seit dem sechsten Lebensjahr Akkordeon, später im Akkordeon-Orchester in Güdingen, dessen erster Vorsitzend­er er 30 Jahre lang war. Er spielte abends auch gerne in einer Kneipe, allein und auch mit Freunden. Manchmal sang er auch dazu.

Sohn Uwe sagt: „Vergessen wir nicht, dass er auch nicht schlecht Fußball spielte. Er spielte Fußball im Ortsverein SV 1919 Güdingen, war der rechte Läufer seiner Mannschaft.“

Tochter Evelyne und Sohn Uwe erzählen mir das Leben ihres Vaters, auch, dass er „ein vielseitig interessie­rter und guter Papa war“. Papa Josef war unternehmu­ngslustig, fuhr mit der Familie mit der Bundesbahn jedes Jahr in den Urlaub. Einmal fuhr die Familie sogar mit der Bahn in die Alpen zum Großglockn­er. Der Vater begleitete die Kinder. Sohn Uwe: „Ja, so war das. Wir sind eine richtige Groß-Familie.“Nach kurzer, nachdenkli­cher Pause sagt er: „Wir sind vier Geschwiste­r. Manfred, Evelyn, Michael und ich. Wir haben insgesamt neun Kinder und acht Enkel.“1972 zog die Familie Stark in ein eigenes Haus mit großem Garten in Saarbrücke­nBischmish­eim.

Wir sitzen in dem geräumigen geschmackv­oll eingericht­eten Wohnraum des Hauses zusammen. Tochter Evelyne erzählt: „Der Umzug in das große neue Haus hat unser Familienle­ben verändert. Wir haben Familienfe­ste zu Hause groß gefeiert, auch die Geburtstag­e. Wir haben im eigenen Garten gegrillt. Irgendwie war immer was los bei uns. Unser Vater war viel unterwegs. Mit der Eisenbahn, aber auch seinem Fahrrad. Er ging gerne wandern, unternahm große Radtouren. Und er war ein Kontakt-

Uwe Stark, und ein Familienme­nsch.“

1991 wurde der Bundesbahn­beamte Josef Stark pensionier­t. Er traf sich mit seinen ehemaligen Arbeitskol­legen und Freunden und den Mitglieder­n des Akkordeon-Orchesters. Er ging auch mit Freunden gerne wandern, unternahm jetzt noch öfter Radtouren, manchmal auch acht Tage lang quer durch Deutschlan­d. Und er kümmerte sich um seine Familie und um seine Enkel und Urenkel.

Am 19. April 1994 starb seine Ehefrau Ilse und Mutter seiner vier Kinder. Sie war 69 Jahre alt, saß am Frühstücks­tisch. Sie fiel plötzlich um, wurde ins Winterberg-Krankenhau­s nach Saarbrücke­n gebracht. Dort starb sie zwei Tage später. Tochter Evelyne erzählt: „Unsere Mutter Ilse hatte viele Freunde, die sie auch auf ihrem letzten Weg begleitete­n.“

Josef Stark genoss sein Altwerden. Er ging gerne essen. Und natürlich spielte weiter gerne Akkordeon und hat seine Selbststän­digkeit trotz seines hohen Alters voll ausgelebt.

Sohn Uwe: „Ich habe in meinem Leben keinen anderen Menschen kennen gelernt, der trotz seines hohen Alters so geistig fit war, wie unser Vater Josef Stark.“

„Aber“, so erzählt Tochter Evelyne, „in den letzten drei Jahren seines Lebens hatte er erhebliche gesundheit­liche Probleme, vor allem mit seiner eingeschrä­nkten körperlich­en Mobilität. Er hatte Arthrose, hauptsächl­ich in den Knien. Die letzten Jahre konnte er nicht mehr wandern. Aber er war bis zum letzten Tag seines Lebens geistig voll da.“

Josef Stark starb am 14. Januar. Seine Familie und viele Freunde begleitete­n ihn auf seinem letzten Weg. .............................................

„Ich habe in meinem Leben keinen anderen

Menschen kennen gelernt, der trotz seines hohen Alters so geistig fit war, wie unser Vater

Josef Stark.“

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FOTO: STARK Musik daheim oder in der Kneipe: Jupp – Josef Stark – liebte Akkordeon-Abende mit Freunden und allein.

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