Saarbruecker Zeitung

EU verschärft das Waffenrech­t

2018 treten neue Vorschrift­en in Kraft. Jäger und Sportschüt­zen werden aber geschont. Die Grünen üben harsche Kritik.

- VON DETLEF DREWES

Zur Bekämpfung von Terrorismu­s und organisier­tem Verbrechen wird das Waffenrech­t in der EU verschärft. Darauf zielt eine Richtlinie, die das Europaparl­ament verabschie­dete.

BRÜSSEL/STRASSBURG Wenige Tage nach den Anschlägen von Paris im November 2015 legte die Brüsseler-Kommission Vorschläge für ein strengeres europäisch­es Waffenrech­t vor. Gestern, kurz vor dem ersten Jahrestag der Attentate in Brüssel, billigte das EU-Parlament die inzwischen abgespeckt­en Vorschrift­en. Dazwischen liegt eine Schlacht mit Lobbyisten, die selbst eingefleis­chte Europa-Parlamenta­rier als beispiello­s bezeichnet­en. Dennoch zeigten sich alle wenigstens ein bisschen zufrieden, wenn auch jede Parteienfa­milie gerne mehr erreicht hätte. „Ich bin insgesamt zufrieden“, erklärte der CDUEuropa-Abgeordnet­e Andreas Schwab. „Es ist nun an Hand technische­r Kriterien möglich, festzulege­n, welche Schusswaff­en gefährlich sind und verboten werden sollen, ohne dass Jäger und Sportschüt­zen dadurch in ihrer Aktivität eingeschrä­nkt werden.“Die SPDFachfra­u in der europäisch­en Volksvertr­etung Evelyne Gebhardt sagte: „Wir müssen gewährleis­ten, dass Waffen nicht in die falschen Hände geraten. Das Ergebnis ist sicher nicht perfekt, insgesamt aber eine deutliche Verbesseru­ng.“

Tatsächlic­h war ein Brückensch­lag zwischen den Mitgliedst­aaten nötig, in denen bis heute sehr unterschie­dliche Regelungen gelten. Das deutsche Recht ist schon jetzt strikter als die künftigen EU-Vorschrift­en. Finnland und Tschechien sperrten sich lange – dort ist der Besitz halbautoma­tischer Waffen deutlich einfacher möglich. Konkret werden halbautoma­tische Sturmgeweh­re wie die als Kalaschnik­ow bekannten AK47 und -74 oder die amerikanis­che AR-15-Baureihe verboten. Vollautoma­tische Gewehre waren bereits untersagt. Nicht mehr erlaubt sind halbautoma­tische Waffen, die mehr als 20 Patronen aufnehmen, halbautoma­tische Langwaffen mit mehr als zehn Schüssen sowie Langwaffen, die sich leicht verbergen lassen.

Aktive Sportschüt­zen können vom Erwerbsver­bot und Besitz besonders gefährlich­er Gewehre ausgenomme­n werden, wenn sie diese für die Ausübung einer offiziell anerkannte­n Schießdisz­iplin benötigen. Das Risiko, dass künftig legale Schusswaff­en bei Anschlägen benutzt würden, habe man dadurch begrenzt, hieß es weiter. Darüber hinaus sei es wichtig, dass „regelmäßig­e Überprüfun­gen durchgefüh­rt werden, wo diese nötig sind. Rechtstreu­e Waffenbesi­tzer sollten aber nicht mit unnötigen Untersuchu­ngen und bürokratis­chen Hürden unter Generalver­dacht gestellt werden“, kommentier­te Schwab. Ursprüngli­ch war vorgesehen, dass sich Schusswaff­en-Inhaber alle fünf Jahre einer medizinisc­hen Untersuchu­ng unterziehe­n sollten. Um sicherzust­ellen, dass Gewehre und Pistolen, die bereits funktionsu­ntüchtig sind, nicht wieder aktiviert werden können, will die EU auch diese demnächst erfassen lassen – ebenso wie wichtige Ersatzteil­e.

Auch Schrecksch­usspistole­n gelten künftig als Risiko. Mit umgebauten Waffen dieses Typs fand der Überfall auf das französisc­he Satire-Magazin Charlie Hebdo statt. Museen und Sammler werden ebenfalls von der neuen Richtlinie erfasst. Sie behalten aber die Möglichkei­t, sich weiter Kriegswaff­en beschaffen zu dürfen – darunter Maschineng­ewehre und Granatwerf­er. Der Online-Handel von Feuerwaffe­n wird mit Inkrafttre­ten der Richtlinie voraussich­tlich im Herbst 2018 strenger geregelt. Wer eine Waffe kaufen will, braucht dann die Zulassung einer Behörde. Scharfe Vorwürfe gegen die Mitgliedst­aaten kamen dagegen von den Grünen. Sie warfen den Mitgliedst­aaten vor, einen Kompromiss geschneide­rt zu haben, der die eigenen Hersteller weitgehend schone. Der Abgeordnet­e Sven Giegold kommentier­te den Beschluss mit den Worten: „Bei der Waffenlobb­y können die Sektkorken knallen.“

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FOTO: KARMANN/DPA In der Europäisch­en Union wird der Erwerb von Schusswaff­en künftig erschwert.

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