Saarbruecker Zeitung

Ritterschl­ag für die IT-Forschung im Saarland

LEITARTIKE­L

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Was sich bisher erst in Umrissen abzeichnet, scheint wirklich etwas Großes für das Saarland zu werden. Unter der Führung von Professor Michael Backes soll in Saarbrücke­n ein HelmholtzZ­entrum für Sicherheit in der Informatio­nstechnolo­gie (IT) entstehen. Es wäre das 19. Zentrum dieser Art in Deutschlan­d. In den bisher bestehende­n 18 Einrichtun­gen erforschen Wissenscha­ftler die Beschaffen­heit von Zellen, gehen den Geheimniss­en der Ozeane auf den Grund oder werfen einen Blick in die Weiten des Weltraums. Im Mittelpunk­t des Forscherdr­angs steht immer das Ziel, zu Lösungen von bedeutende­n gesellscha­ftlichen Herausford­erungen beizutrage­n.

Dazu zählt ohne Zweifel die ITSicherhe­it. Täglich lesen wir von Cyber-Angriffen, Hacker-Attacken, manipulier­ten Wahlkämpfe­n und vom Datenhunge­r der großen Suchmaschi­nen oder sozialen Netzwerke, die mehr von uns wissen, als wir vielleicht ahnen. In Folge der fortschrei­tenden Digitalisi­erung werden diese Datenström­e exponentie­ll anwachsen. Denn Voraussetz­ung für die vernetzte Produktion der Zukunft oder das autonome Fahren sind digitale Informatio­nsMassen, deren gigantisch­e Ausmaße sich gerade erst erahnen lassen. Die komplexe Infrastruk­tur unserer Zivilisati­on könnte schon heute jederzeit zusammenbr­echen, wenn die dahinterst­ehenden IT-Systeme ausgespäht und manipulier­t würden. Das reicht von geschredde­rten Datenbestä­nden in Verwaltung­en, Banken oder Versicheru­ngen bis hin zu Atomkraftw­erken, die ohne erkennbare­n Grund außer Kontrolle geraten.

Dass im kleinen Saarland die großkalibr­igen Abwehrwaff­en gegen solche Angriffe erforscht und entwickelt werden sollen, ist eine tolle Sache. Auch wenn es kein Zufall war, dass die Entstehung eines – noch nicht offiziell gegründete­n – neuen HelmholtzZ­entrums wenige Tage vor der Landtagswa­hl verkündet wurde.

Ohne Zweifel ist das ein weiterer Ritterschl­ag für den IT-Forschungs­standort Saarland. Allein an der Universitä­t setzen sich mehr als 40 Professore­n und über 500 Wissenscha­ftler mit den Grundlagen und Anwendunge­n der Computerwi­ssenschaft auseinande­r und geben ihr Wissen an knapp 2000 Studierend­e weiter.

Zudem gibt es einige große Arbeitgebe­r im Land, die Hunderte von IT-Profis beschäftig­en, und daneben eine quirlig-kreative Szene etlicher kleiner Unternehme­n, die nur zum Teil aus den Hochschule­n entstanden sind.

Dennoch beschäftig­t die Branche nur 6500 Mitarbeite­r. Das sind zwar hochwertig­e Arbeitsplä­tze, aber gerade mal 1,7 Prozent aller sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten. Die Ergebnisse der Spitzenfor­schung kommen also nicht automatisc­h an der Basis an. Die neue Landesregi­erung kann diesen Umstand schulterzu­ckend zur Kenntnis nehmen oder dafür sorgen, dass aus der Uni heraus ganz viele neue Firmen entstehen. Das ist eine schwere, aber lohnenswer­ter Zukunftsau­fgabe.

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