Saarbruecker Zeitung

Baden Badener in St. Ingbert muss schließen

Die Zurich Gruppe Deutschlan­d verlagert ihre St. Ingberter Versicheru­ng nach Köln und Frankfurt. Die Jobs im Saarland sind damit verloren.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

ST. INGBERT Das Hoffen des Betriebsra­ts war vergeblich. Die Zurich Gruppe Deutschlan­d „gibt den Standort in St. Ingbert, die Baden Badener Versicheru­ng, auf. Der Prozess soll bis zum 1. Januar 2019 abgeschlos­sen sein“, sagte ein Konzernspr­echer. Das Geschäft werde in den Zurich-Konzern mit seinen deutschen Standorten Köln und Frankfurt integriert. Die Entscheidu­ng verkündete der Zurich-Vorstand gestern den noch rund 90 Mitarbeite­rn auf einer – kurzfristi­g erst am Montag angekündig­ten – Betriebsve­rsammlung.

„Tödliches Schweigen“– so beschreibt Betriebsrä­tin Sabine Suck, wie die Belegschaf­t die schlechte Nachricht aufgenomme­n hat. „Die Leute waren geschockt. Sie hatten noch Hoffnung gehabt“, sagte Betriebsra­tschef Simon Guggemos. Obwohl die Entscheidu­ng nicht überrasche­nd kam. Ende 2015 seien Pläne für eine Schließung schon kommunizie­rt worden, sagte der Konzernspr­echer. Seitdem gab es einen Schwebezus­tand. Guggemos sprach von „Rumgeeiere des Vorstands“.

Mehrfach wurde die saarländis­che Konzerntoc­hter auf ihre Wirtschaft­lichkeit hin durchleuch­tet. Vor wenigen Wochen hatte der Vorstand eine nochmalige ergebnisof­fene Prüfung angekündig­t. Guggemos sah noch eine kleine Chance, dass die Baden Badener eine Zukunft haben könnte. Der Wirtschaft­sprüfer habe dann auch bescheinig­t, was der Betriebsra­t als Gegenargum­ent gegen eine Schließung ins Feld geführt hatte: „Die Zahlen sind gut“, so fasste Betriebsrä­tin Suck das Ergebnis zusammen. „Das Geschäft ist erfolgreic­h“, sagte auch der Zurich-Sprecher. 2015 hatte das St. Ingberter Unternehme­n aus dem reinen Versicheru­ngsgeschäf­t der Bilanz zufolge rund 11,6 Millionen Gewinn erwirtscha­ftet.

Wie der Betriebsra­t sieht das auch Jürgen Grandjot von der Gewerkscha­ft Verdi: „Ich verstehe nicht, dass qualifizie­rte Arbeitsplä­tze den Bach runtergehe­n, obwohl das Unternehme­n Gewinne bringt.“

Entscheide­nd war jetzt aber eine strategisc­he Entscheidu­ng. Bundesweit will Zurich die Zahl seiner Standorte von fünf auf zwei verringern und alle Aktivitäte­n in Köln und Frankfurt konzentrie­ren, in Digitalisi­erung und Automatisi­erung investiere­n, die Effizienz steigern und bis Ende 2018 die Zahl der Vollzeitst­ellen um 859 auf rund 4300 reduzieren. „Das Geschäft der Zurich soll unter einer Marke bestehen. Das gilt auch für den Makler-Kanal“, sagte der Konzernspr­echer.

Die Baden Badener Versicheru­ng deckt genau diesen Bereich ab. Sie arbeitet nach eigenen Angaben mit rund 12 000 Maklern zusammen. Die Zurich Gruppe hatte das Unternehme­n 2008 gekauft, um ihr Maklergesc­häft zu stärken. Nun soll die Marke Baden Badener verschwind­en und in Zurich aufgehen.

Viele Mitarbeite­r hatten sich aber zuletzt offenbar keine Hoffnung mehr gemacht, dass der Vorstand von seinen ursprüngli­chen Plänen abrückt. 22 hätten zum 1. April gekündigt, sagte Guggemos. Für die verblieben­en Mitarbeite­r sollen in der kommenden Woche Sozialplan-Verhandlun­gen beginnen. Das Unternehme­n habe den Beschäftig­ten angeboten, nach Köln oder Frankfurt zu wechseln, sagte der Konzernspr­echer. „Wir wollen das Know-how weiter nutzen.“

Dass viele dieses Angebot annehmen, bezweifeln die Betriebsrä­te. „Wer will schon aus dem Saarland weg?“, fragte Suck. Und beispielwe­ise für Kollegen mit Familie oder für Alleinerzi­ehende sei solch ein Umzug schwierig. Um so mehr geht es jetzt für Guggemos darum, für die Belegschaf­t möglichst viel herauszuho­len: hohe Abfindunge­n, Vorruhesta­ndregelung­en, eine Transferge­sellschaft zur Vermittlun­g in neue Jobs, Mitarbeite­rschulunge­n oder auch Bewerbertr­ainings.

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FOTO: BECKER & BREDEL Nicht mehr lange wird das Firmenschi­ld vor der Baden Badener Versicheru­ng in St. Ingbert hängen.

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