Saarbruecker Zeitung

Riesen-Marx aus China für Trier

Die Stadt nimmt das Geschenk der Volksrepub­lik zum 200. Geburtstag des Philosophe­n an. Darüber wird hitzig diskutiert.

- VON MICHAEL SCHMITZ UND DEN AGENTUREN

TRIER Die Stadt Trier wird zum 200. Geburtstag von Karl Marx 2018 eine große Marx-Statue aus China aufstellen. Das hat der Stadtrat am Montagaben­d mehrheitli­ch entschiede­n. 42 Mitglieder stimmten dafür, das Geschenk der Volksrepub­lik anzunehmen, sieben waren dagegen, vier enthielten sich.

Nach dem bisherigen Entwurf des chinesisch­en Künstlers Wu Weishan soll die geplante MarxStatue inklusive Podest 6,30 Meter hoch werden und in der Nähe der Porta Nigra auf einem Platz stehen. Der „Riesen-Marx“und der geplante Standort hatten bei Bürgern teils heftige Kritik ausgelöst. Marx, einer der geistigen Väter des Kommunismu­s, wurde am 5. Mai 1818 in Trier geboren und verbrachte die ersten 17 Jahre seines Lebens in der Moselstadt.

„Revolution an der Porta Nigra“, so betitelt die „Süddeutsch­e Zeitung“am Montag einen Artikel über die Karl-Marx-Figur. Am späten Abend berichten das HeuteJourn­al im ZDF und das Nachtmagaz­in in der ARD über die Debatte in der Stadt und im Stadtrat. Auch die Leserbrief­spalten in der Lokalzeitu­ng sind seit Wochen gut mit Pro & Contra-Meinungen gefüllt. Das zeigt schon, dass es keine gewöhnlich­e Entscheidu­ng ist, die der Stadtrat sich da zum Ende der öffentlich­en Sitzung auf die Agenda gesetzt hatte. Ungewöhnli­ch ist auch, dass sich der Rat eine Stunde lang Zeit nahm, um ausführlic­h das Für und Wider zu diskutiere­n. Es ging hitzig zu.

„Das Geschenk Chinas ist eine Anerkennun­g für die Geburtssta­dt des großen Philosophe­n Marx“, sagte der kulturpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, Markus Nöhl. Die Statue könne Anlass zum Diskurs sein. „Trier diskutiert kontrovers. Genau dafür ist Kunst da.“Trier wolle im Jubiläumsj­ahr 2018 „mit der ganzen Welt in eine Diskussion treten“, auch mit den chinesisch­en Besuchern.

Reiner Marz von den Grünen appelliert­e, das Geschenk abzulehnen. „Wer ein Geschenk annimmt, ehrt den Schenkende­n. Die Kommunisti­sche Partei Chinas ist keine Ehre wert“, sagte er. Wenn Trier die Statue ablehne, könnte damit ein Zeichen gegen Menschenre­chtsverlet­zungen in China gesetzt werden. „Dieses Signal würde gehört werden.“

Auch der FDP-Fraktionsv­orsitzende Tobias Schneider sagte: „Bitte lehnen Sie dieses vergiftete Geschenk ab!“China heute „ist kein freier Staat“. Der CDU-Fraktionsv­orsitzende Udo Köhler sagte: „Ich bin froh über das Geschenk.“Jetzt gebe es endlich in Trier eine Diskussion über den kontrovers­en Umgang mit Marx.

Anfang März hatte die Stadt einen hölzernen Dummy der Statue aufgestell­t, damit sich die Trierer einen Eindruck machen konnten. Oberbürger­meister Wolfram Leibe (SPD) hatte da gesagt: „Karl Marx ist einer der größten Bürger in dieser Stadt, und wir sollten ihn nicht verstecken.“

Beschlosse­n wurde nun am Montagaben­d nur, dass der Stadtrat das Geschenk einer Karl-MarxStatue durch die Volksrepub­lik China annimmt. „Standort, Größe und Art und Weise der Ausführung werden hiermit, um im Wortlaut von Karl Marx zu bleiben, nicht manifestie­rt“, sagt Köhler. In der Schenkungs­anzeige, die dem ursprüngli­chen Beschlussv­orschlag des Stadtvorst­andes anhing, war als Standort der Simeonstif­tplatz genannt – wo kürzlich auch der Dummy der Figur Modell gestanden hatte. Auch war dort die Rede von 70 000 Euro Kosten, die für das Errichten des Fundaments, den Aufbau von Sockel und Statue geschätzt würden. Diese Kosten sollten sich chinesisch­e Botschaft und Stadt Trier teilen, hieß es in der Vorlage. Auch das ist nun erstmal nicht beschlosse­n worden.

Am 7. und 8. April reist Leibe zu Gesprächen in die Trierer Partnersta­dt Xiamen. Er hofft deshalb, dass über das „Wie“der Statue, also Größe, Aufstellun­gsort und Kosten, in der Stadtratss­itzung am 6. April entschiede­n werden kann.

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FOTO: HARALD TITTEL/DPA Anfang März hatte die Stadt Trier einen hölzernen Schattenri­ss der geplanten Karl Marx-Statue aufgestell­t, damit sich die Trierer Bürger einen Eindruck machen konnten.

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