Saarbruecker Zeitung

Wie spielt man einen Sack voll Probleme?

Im Psychothri­ller „Zwischen den Jahren“mimt Peter Kurth einen Wachmann – ein Gespräch über Außenseite­r.

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Für seine Rolle eines an ALS erkrankten Ex-Boxers in „Herbert“bekam Peter Kurth 2016 den Deutschen Filmpreis. 2014 wurde er von „Theater heute“zum „Schauspiel­er des Jahres“gekürt. Kurth war lange Ensemblemi­tglied des Hamburger Thalia sowie des Berliner Maxim-Gorki-Theaters. Seit 2013 steht er am Schauspiel Stuttgart auf der Bühne. Demnächst ist er in Tom Tywkers TV-Serie „Berlin Babylon“zu sehen. Zu Kurths Kinofilmen gehören „Good Bye, Lenin!“, „Whiskey mit Wodka“und „Gold“. Glänzende Kritiken bekam der 59-Jährige für seine Rolle im Psychothri­ller „Zwischen den Jahren“, der auf der Berlinale Premiere hatte. Kurth spielt darin einen von einem Stalker gnadenlos gejagten, wortkargen Wachmann (ab Donnerstag im Saarbrücke­r Filmhaus).

Haben Sie mit dem Berlinale-Erfolg dieses Thrillers gerechnet? Kurth Ich gehöre zu den Leuten, die eher tiefstapel­n. Mit Erfolg rechne ich sowieso nicht. Erst recht nicht, wenn es sich um ein so hartes Thema handelt wie hier.

Sind Sie Spezialist für harte Typen? Kurth Spezialist klingt nach einer Festlegung. Die Ähnlichkei­ten meiner Rollen ist tatsächlic­h purer Zufall. Den Regisseur Lars Henning kenne ich sehr lange, vor zehn Jahren entstand mit ihm bereits eine Kurzfilm-Version mit dem Titel „Security“. Als er nach langer Vorarbeit mir diese Figur nochmals für den Spielfilm anbot, konnte ich nur zusagen. Alles andere wäre Verrat gewesen, auch an mir selbst.

Was interessie­rt Sie an solch einer Außenseite­r-Figur

Kurth Diese Figur hat einen ganzen Sack voller Probleme, an denen er dann auch wirklich scheitert. Das auszuloten ist eine große Aufgabe, weil man selbst ja doch aus einer anderen Ecke kommt. Man muss also da schon richtig hinschauen und recherchie­ren. Die Zuschauer müssen sagen: „Ja, das ist er!“

Wie groß ist die persönlich­e Schnittmen­ge zu der Figur Becker? Kurth Ich bin so sozialisie­rt, dass da viele Schutzmech­anismen wirken, um mit Wut umzugehen.

Sie traten schon häufig in Kinofilmen auf, der große Durchbruch mit „Herbert“samt Filmpreis kam erstaunlic­h spät – woran liegt das? Kurth Es gab eine Zeit, wo ich mich entscheide­n musste zwischen Bühne und Film. Für mich ging der Weg damals zum Theater. Ich galt wohl als recht interessan­ter Typ, zugleich hieß es immer: „Der hat ja

keine Zeit, der spielt nur Theater.“

Haben Sie das bereut?

Kurth Wenn ich das bereuen würde, hätte ich ein Problem. Nein, der Weg war schon sehr gut so.

In „Zwischen den Jahren“sind sie in fast jeder Szene zu sehen. Wie erleben Sie sich, wenn Sie sich sehen? Kurth Das geschieht meist mit einem kritischen Blick: Hier hättest du etwas besser machen können! Dort solltest du nächstes Mal besser aufpassen. Es ist eine komplizier­te Angelegenh­eit, von einer Figur auf der Leinwand begeistert zu sein, die man selbst erarbeitet hat.

Sie treten demnächst in der Fernseh-Serie „Berlin Babylon“von Tom Tykwer auf. Was reizte Sie? Kurth Die Drehbücher sind wunderbar. Die Roman-Vorlagen von Volker Kutscher gefallen mir seit vielen Jahren. Wobei es nicht nur um die Krimigesch­ichten geht, vielmehr ist das ein ganzes Kaleidosko­p über das Lebensgefü­hl im Berlin am Ende der 20er. Charlotten­burg hieß wegen der vielen geflohenen Russen damals Klein-Petersburg.

Da gab es Verbrecher­banden, Sozialiste­n, Kommuniste­n, den aufkeimend­en Nationalso­zialismus. Ich war froh, an dem Projekt mitarbeite­n zu können.

Geht der Karriere-Kurs für Sie fortan weiter in Richtung Kino?

Kurth Nächsten Monat beginnen die Dreharbeit­en zu einem großen Actionfilm, wo ich an der Seite von Tom Hanks die Hauptrolle spiele – nein, das war ein Spaß! Wie es weitergeht, das weiß ich noch nicht.

Das Gespräch führte Dieter Oßwald.

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FOTO: TEMPERCLAY „Es ist komplizier­t, von einer Figur auf der Leinwand begeistert zu sein, die man selbst erarbeitet hat“: Kurth über seine neue Kino-Rolle.

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