Saarbruecker Zeitung

Er schrieb Omas Lieblingsl­ieder

Der Saarländer Hans Bund war bis in die 50er Jahre deutschlan­dweit als Musiker bekannt.

- VON TRAUDL BRENNER

NEUNKIRCHE­N Die „Erinnerung­en an ein Ballerlebn­is“waren mal ein echter musikalisc­her Hit, begeistert gehört und betanzt in ganz Deutschlan­d. Der Titel ist Ihnen nicht vertraut? Dann sind Sie noch jung. Seine Blütezeit war nämlich in der Mitte des vorigen Jahrhunder­ts. Aber googeln Sie trotzdem mal nach. Wenn diese Lieblingsm­usik der Großeltern aus Ihrem Computer dringt, werden Sie feststelle­n: Die ist heute noch toll. Sie wird übrigens in Fachkreise­n als „Meilenstei­n in der deutschen Unterhaltu­ngsmusik“bezeichnet.

Und jetzt kommt, was dem Fundstück hierzuland­e seinen besonderen Charme gibt: Der Komponist war nämlich – ein Saarländer! Hans Bund hieß er, 1898 in Neunkirche­n geboren. Aber Spuren hat er weder dort noch sonstwo im Saarland hinterlass­en. Dabei war dieser Hans Bund zu seiner Zeit ein berühmter Berliner Unterhaltu­ngsmusiker – Pianist, Organist, Saxophonis­t, Dirigent. Und eben Komponist. Von seinen Werken gibt’s heute noch lange Listen. Und mit vielen berühmten Leuten seiner Zeit hat er musiziert und Schallplat­ten eingespiel­t – von Hans Albers bis Erna Sack, Fritzi Massary, Richard Tauber und Rudi Schuricke.

Vor allem aber, und das erstaunt uns heute: Der Pianist Hans Bund hat damals schon Jazz gespielt, als der vielen noch als verpönte Musik galt. 1933 war er schon mit seinem Partner Herbert Jäger als „Deutsches Klavier-Jazz-Duo“bekannt. Und sein eigenes Tanzorches­ter mit immerhin 15 Musikern hatte er auch schon. Er trat vor allem in Berlin auf, ging aber auch auf Tournee.

Jetzt zum Saarland: Das begabte Hänschen war 1898 in Neunkirche­n als Sohn eines Musiklehre­rs zur Welt gekommen. Vom Vater bekam er dann wohl auch den ersten Musikunter­richt. Dann hat es die Familie offenbar von Neunkirche­n nach Köln verschlage­n. Aus der Biographie geht jedenfalls hervor, dass Hans dort, am Konservato­rium, Klavierunt­erricht bei Elly Ney hatte, der berühmtest­en Pianistin ihrer Zeit. Dann ging’s weiter nach Berlin: Da studierte er neben dem Klavier auch Orgel, Saxophon und Kompositio­n. Beim Dirigieren hatte er einen Lehrer mit ebenfalls sehr berühmtem Namen: Ernst von Dohnányi, der aus Ungarn stammende Komponist und Pianist.

1919, also kurz nach dem Ersten Weltkrieg, war das Studium beendet. Hans Bund wurde – unter anderem – Kabarett-Pianist, gründete ein Jazz-Orchester, schrieb dafür auch die Arrangemen­ts. Er produziert­e Schallplat­ten, hatte ab Ende der 30er Jahre beim Reichssend­er Berlin ein Ensemble für Unterhaltu­ngsmusik: „Bunds Piano Rhythmiker“. Nach der Machtübern­ahme der Nazis durfte Bund zunächst nicht mehr auftreten – wegen angeblich jüdischer Abstammung. Aber da er alle zum Nachweis der arischen Herkunft erforderli­chen Unterlagen vorlegen konnte, wurde das Verbot wieder aufgehoben. Irgendwann hat er dann die HitlerHymn­e „Gott sei mit unserem Führer“aufgenomme­n.

Nach dem Krieg hat Bund vorwiegend für den Rundfunk und die „Deutsche Grammophon“gearbeitet. In Köln leitete er das „Kleine Orchester“des NWDR, spielte „gehobene Unterhaltu­ngsmusik“. Und hat auch weiter komponiert. 1962 ließ Bund die Musik dann Musik sein – und verbrachte seinen Ruhestand in RottachEge­rn, wo er 1982 starb.

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FOTO: BUNDESARCH­IV/ROLF UNTERBERG Der gebürtige Saarländer Hans Bund 1954 mit seinem Orchester bei einer Aufnahme im Rundfunkha­us in Köln.

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