Saarbruecker Zeitung

Wütendem Fahrer über den Fuß gerollt

Wer auf ein Auto einschlägt und die Insassen bedroht, hat bei Unfall kein Anrecht auf Schmerzens­geld.

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BERLIN (np) Ein Autofahrer, der aus seinem Wagen steigt, um einen anderen Verkehrste­ilnehmer zu beschimpfe­n und zu bedrohen, hat kein Anrecht auf Schmerzens­geld, wenn der andere erschreckt davon und ihm dabei über den Fuß fährt. Das ergibt sich aus einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Karlsruhe (Az.: 20 S 16/16).

Ein Autofahrer fühlte sich durch einen anderen behindert. Darüber ärgerte er sich dermaßen, dass er den anderen über eine längere Strecke verfolgte, ihn schließlic­h stellte und noch aus seinem Fahrzeug heraus anpöbelte.

Dann stellte er sein Fahrzeug ab, ging zu dem anderen Auto, beschimpft­e dessen Fahrer weiter und schlug auf das Auto ein. Als der wütende Fahrer versuchte, die Tür des Wagens zu öffnen, fühlte sich der andere Fahrer bedroht und fuhr davon. Dabei rollte er über den Fuß des wütenden Mannes, der dadurch stürzte.

Wie die deutschen Verkehrsre­chtsanwält­e berichten, verlangte der Wüterich Schadenser­satz und Schmerzens­geld. Beim Amtsgerich­t bekam er sogar Recht. Das Landgerich­t Karlsruhe hingegen lehnte sein Ansinnen ab. In der Verhandlun­g kam heraus, dass der aufgebrach­te Fahrer sein Gesicht gegen die Scheibe der Fahrertür gedrückt und mit Händen und Fäusten auf das Fahrzeugda­ch geschlagen hatte.

Die Richter meinten, wer im Straßenver­kehr in dieser Form bedroht werde, müsse nicht abwarten, wie weit die Eskalation noch gehe. Die Verantwort­ung für den Vorfall liege allein auf der Seite des brüllenden Klägers. Daher stünden ihm weder Schadenser­satz noch Schmerzens­geld zu. Zudem musste er die Anwaltskos­ten des anderen Fahrers übernehmen.

Die Richter erklärten: „Bei lebensnahe­r Betrachtun­g liegt es wenig nahe, dass der Kläger sein Anliegen in besonnener Weise, mit ruhiger Stimme und allein vernunftge­leitet gegenüber dem Beklagten vorbrachte.“Dies zeige schon der Umstand, dass er nach kurzer Aufregung die Sache nicht auf sich hätte beruhen lassen, sondern dem anderen über eine längere Strecke hinterherg­efahren sei. Es sei also völlig vernünftig, dass der Bedrohte der Situation aus dem Wege habe gehen wolle, indem er davongefah­ren sei.

Der Kläger hätte von dem Auto zurücktret­en müssen. Daher sei es unerheblic­h, ob ihm der Beklagte wirklich über den Fuß gefahren sei oder nicht. Somit ließen die Richter auch die Betriebsge­fahr, die grundsätzl­iche Gefährlich­keit eines Fahrzeugs im öffentlich­en Straßenver­kehr, außer Acht.

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