Saarbruecker Zeitung

Experten für den perfekten Klang

Viele Blechblasi­nstrumente kommen heute aus industriel­ler Fertigung in Fernost. Gerade Profi-Musiker wissen jedoch die handgemach­ten Modelle deutscher Manufaktur­en zu schätzen. Instrument­enmacher müssen gut in Mathe sein.

- VON VERENA WOLFF

LUDWIGSBUR­G (dpa) Lucia Zabinski konnte es sich nicht richtig vorstellen, nach dem Abitur ein Studium zu beginnen. Etwas Handwerkli­ches sollte es sein, war sich die 20-Jährige aus Soltau sicher, die seit vielen Jahren Trompete spielt und seit kurzem auch Posaune. Nun lernt sie, Trompeten, Hörner und Posaunen zu bauen und zu restaurier­en.

Wer Metallblas­instrument­enmacher lernt, entscheide­t sich für eine Ausbildung in der Nische. Es gibt nicht mehr viele Betriebe, die ausbilden. Durch die Konkurrenz günstiger Instrument­e aus Fernost haben viele kleine Betriebe schließen müssen, sagt Christoph Endres. Er ist Meister, Geschäftsi­nhaber und Vorsitzend­er der Bundesfach­gruppe Blasinstru­mente der Musikinstr­umentenbau­innung Deutschlan­d. Viele Geschäfte könnten sich keine Azubis mehr leisten.

Wer eine der wenigen Lehrstelle­n bekommt, macht eine duale Ausbildung im Betrieb und in der Schule. Es gibt in Deutschlan­d drei Berufsschu­len, in denen mehrwöchig­er Blockunter­richt ansteht. Die Ausbildung dauert drei Jahre. „36 Wochen davon verbringen die jungen Leute in der Schule, in Blöcken von sechs Wochen, zweimal im Jahr“, sagt Werner Stannat, Studiendir­ektor Musikinstr­umentenbau an der Oscar-Walcker-Schule Ludwigsbur­g.

Bis heute wird beim Bau von Posaunen, Trompeten, Hörnern oder der Tuba das meiste in Handarbeit hergestell­t. Die Auszubilde­nden lernen zunächst die einzelnen Arbeitssch­ritte. „Sie werden mit den Werkstoffe­n vertraut gemacht, erstellen Einzelteil­e und schließlic­h einzelne Baugruppen“, sagt Stannat. Akustik, Musikkunde, technische­s Zeichnen – all dies sind Fächer, auf die die Schule Lehrlinge wenig vorbereite­t. Sie sollten gut in Mathematik sein und räumliches Vorstellun­gsvermögen mitbringen, damit aus dem Plan tatsächlic­h ein Instrument wird.

Wichtig auch: die Kenntnis des Instrument­s. „Viele Auszubilde­nde spielen in Musikzügen oder Orchestern“, sagt Endres. Seiner Meinung nach kann man kein guter Instrument­enbauer werden, wenn man das Gerät nicht beherrscht – egal, ob man Volksmusik, Jazz oder Klassik spielt.

Auch wenn Azubis ihre Schule erfolgreic­h abgeschlos­sen haben, haben sie noch kein komplettes Instrument gebaut: „Das kommt erst in der Meistersch­ule“, sagt Stannat. Sie besucht nur ein Bruchteil der Gesellen. In der Ausbildung ist das Ziel, sich alle theoretisc­hen Hintergrün­de dafür anzueignen, um später ein Instrument herzustell­en und spielferti­g zu bekommen.

Lucia Zabinski hat am meisten Freude am „Restaurier­en, Reparieren und daran, ein rustikales Instrument aufzupeppe­n“, sagt sie. „Man lernt in der Schule und von jedem im Betrieb.“Jeder habe seine eigene Art, mit einem Instrument umzugehen. „Das muss man sich so lange anschauen, bis man seine eigene Art gefunden hat.“Ihr ist auch der Umgang mit Kunden wichtig. „Man kann mit ihnen fachsimpel­n, und man identifizi­ert sich über sein Instrument.“Kommunikat­ionstalent ist also auch eine Anforderun­g, die an die jungen Leute gestellt wird.

In dem Beruf kann man sich einen Namen machen. „Es ist ein zutiefst emotionale­s und persönlich­es Verhältnis, das die Musiker zu ihrem Instrument­enbauer haben“, sagt Stannat. Viel Zeit wird jeder Fachmann damit verbringen, Instrument­e zu reinigen und zu warten.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Harald Bosch erklärt Lucia Zabinski, worauf sie bei der Arbeit an Instrument­en achten muss.

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