Saarbruecker Zeitung

„Die Alternativ­e wäre, die Menschen ersaufen zu lassen“

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SAARBRÜCKE­N „Sea-Eye“hat bereits über 5500 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet – und wird dafür auch angefeinde­t, sagt Sprecher Hans-Peter Buschheuer.

Spielen Sie mit „Sea-Eye“Schleuserb­anden in die Hände? BUSCHHEUER Nein, natürlich nicht. Das ist ein politische­r Vorwurf, den wir oft von Rechten, aber auch von Frontex hören. Die Alternativ­e zu unserer Arbeit wäre doch, die Menschen ersaufen zu lassen. Und das kann einfach nicht der humanitäre Anspruch unserer Gesellscha­ft sein.

Aber ermuntern Sie Menschen durch Ihre Präsenz im Mittelmeer nicht erst zur Flucht?

BUSCHHEUER So wird es gerne hingedreht. Aber die Realität sieht doch anders aus. Die Menschen, die sich vor der libyschen Küste versammeln, um die gefährlich­e Überfahrt übers Mittelmeer zu wagen, sind bereits Monate oder sogar Jahre unterwegs. Geflüchtet vor Krieg und Tod in ihrer Heimat, – und nicht, weil sie unbedingt zu uns kommen wollten. Sea-Eye ist da nur ein Strohhalm, den sie ergreifen, um sich zu retten. Unsere Rettungsbo­ote sind keine Taxis. So etwas zu glauben, ist zynisch.

Warum gibt es Ihre Organisati­on? BUSCHHEUER Wir haben uns 2015 als Reaktion auf die Einstellun­g von „Mare nostrum“gegründet. Die italienisc­he Marine-Operation rettete hunderttau­sende Flüchtling­e vor dem Tod im Mittelmeer. Doch dann wurde sie gestoppt. Der Grund? Der altbekannt­e Vorwurf: Die Seenotrett­er sorgen erst dafür, dass Flüchtling­e kommen. Nur: Bis heute machen sich weiter unzählige Flüchtling­e auf den Weg nach Europa, weiter über das Meer – und drohen dort zu ertrinken. Die Annahme war also falsch.

Wie viele Menschen haben Sie bereits gerettet?

BUSCHHEUER Exakt 5568.

Honoriert das die Bevölkerun­g – in Zeiten der Flüchtling­skrise? BUSCHHEUER Da hat sich eigentlich nichts geändert. Die, die uns schon vorher gehasst haben, hassen uns noch immer. Und die, die einen humanitäre­n Anspruch haben, stehen weiter hinter uns. Das zeigt sich auch am ungebroche­nen Spendenauf­kommen.

Das Gespräch führte Pascal Becher.

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