Saarbruecker Zeitung

Ex-HRE-Chef gibt Steinbrück die Schuld

Gut neun Jahre nach dem Zusammenbr­uch der Immobilien­bank HRE steht deren früherer Chef Georg Funke nun vor Gericht. INFO Hilfen für die HRE

- VON CARSTEN HOEFER

MÜNCHEN (dpa) Zum Prozessauf­takt will Georg Funke nichts sagen. Schmallipp­ig sitzt der ExBanker gestern in München auf der Anklageban­k. Die Weltfinanz­krise 2008/2009 haben viele Bürger angesichts neuer Bedrohunge­n und Ängste schon fast wieder vergessen. Doch mit mehrjährig­er Verzögerun­g will das Landgerich­t Licht in das Dunkel um den teuersten Schadenfal­l in Deutschlan­d bringen: den nur mit milliarden­schwerer Staatshilf­e abgewendet­en Zusammenbr­uch der Immobilien­bank HRE.

Ex-Vorstandsc­hef Funke wurde Anfang 2009 für viele Bürger zur Symbolfigu­r des Gierbanker­s: Denn der heute 61-Jährige klagte nach seinem Sturz vor Gericht auf Gehalts- und Pensionsza­hlungen in Millionenh­öhe. Dass er sich später als Immobilien­makler nach Mallorca zurückzog, taugte auch nicht zur Aufbesseru­ng des Rufs.

Geht es nach Funke, waren zwei Faktoren beim HRE-Desaster hauptveran­twortlich: der Zusammenbr­uch der US-Investment­bank Lehman Brothers und der damalige Bundesfina­nzminister Peer Steinbrück (SPD). Die Lehman-Pleite im September 2008 brachte die wechselsei­tige Kreditverg­abe der Banken zum Erliegen. Der HRE ging das Geld aus. Steinbrück soll die Bank dann endgültig in den Abgrund geredet haben. „Ganz entscheide­nd war am Ende der Herr Steinbrück mit seiner sehr unbedachte­n Bemerkung, die Bank müsse abgewickel­t werden“, sagt an Funkes Stelle Verteidige­r Wolfgang Kreuzer. Der ExBankier will sich erst heute, am zweiten Verhandlun­gstag, äußern. Steinbrück ist jedoch nicht als Zeuge geladen. Das Gericht wird sich keine Gedanken darüber machen, ob das Unglück vermeidbar gewesen wäre. Hypothetis­che Problemlös­ungen sind im Strafrecht nicht vorgesehen. Die Staatsanwa­ltschaft will auf etwas Anderes hinaus: Wie laut Anklage aus zahlreiche­n Protokolle­n des HRE-Vorstands und anderer Bankgremie­n hervorgeht, waren sich Funke und Kollegen schon sehr früh darüber im Klaren, in welch bedrängter Lage sie waren. So empfahl die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t KPMG den Bankern im März 2008 wegen absehbaren Geldmangel­s einen „Liquidität­s-Katastroph­enplan“. Auch im Vorstand gab es mehrfach Diskussion­en über die kritische Lage.

Doch in den HRE-Geschäftsb­erichten fand sich davon nur wenig, die Liquidität­slage wurde als „stabil“dargestell­t. Funke und dem mitangekla­gten Finanzchef Markus Fell wird daher die Verschleie­rung (dpa) Die HRE (Hypo Real Estate) ist mit Kapitalspr­itzen des Bundes von knapp zehn Milliarden Euro plus Staatsbürg­schaften über 124 Milliarden vor dem Kollaps gerettet worden. 2009 wurde die HRE notverstaa­tlicht und zerschlage­n. Die dafür gegründete staatliche „Bad Bank“FMS übernahm den schlechten Teil des Geschäfts. Die Schulden und bislang nicht einlösbare­n Forderunge­n beliefen sich Ende Juni 2016 laut Bundesfina­nzminister­ium auf 183 Milliarden Euro.

der wahren Lage vorgeworfe­n, mögliche Höchststra­fe drei Jahre. Fell ist darüber hinaus wegen des Verdachts der Marktmanip­ulation angeklagt. Er hatte noch Ende September 2008 auf einem Investoren­tag um Kapitalanl­eger geworben, obwohl die Vorbereitu­ngen für ein erstes Rettungspa­ket mit staatliche­r Hilfe bereits liefen.

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