Saarbruecker Zeitung

Wie mit Windkraft Politik gemacht wird

SERIE WINDKRAFT Der Bau neuer Windräder spaltet Bevölkerun­g und Parteiensp­ektrum. Das Thema wird auch bei Koalitions­verhandlun­gen eine wichtige Rolle spielen.

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N Vier Prozent der wahlberech­tigten Saarländer wollen ihre Wahlentsch­eidung am 26. März von der Position der Parteien zu den Themen Energie und Windkraft abhängig machen. Das ergab im Januar der SR-„Saarlandtr­end“von Infratest dimap. Eine Verschiebu­ng im Wählerverh­alten um vier Prozent, also 32 000 Wahlberech­tigte, könne schon reichen, „um neue Regierungs­optionen zu eröffnen oder Hoffnungen auf ein liebgewonn­enes Ministeram­t zu zerstören“, sagte damals Jacob Fuhrmann, der Sprecher des Bündnisses „Gegenwind Saar“, das landesweit insgesamt 15 Bürgerinit­iativen vertritt. Er rechnet damit, dass es am Ende mehr als vier Prozent sein werden.

Sein Bündnis hat die relevanten Parteien angeschrie­ben und ihnen 23 Fragen zur Windkraft gestellt. Das Ergebnis: Die Frontlinie beim Ausbau der Windkraft verläuft, ganz grob betrachtet, zwischen CDU, SPD, Grüne und Piraten (dafür) und Linken, AfD und FDP (dagegen). Wobei es auch im Pro-Lager große Differenze­n gibt. Fuhrmann geht davon aus, dass sich die Auswahl vieler windkraftk­ritischer Wähler bei der Landtagswa­hl auf Linke, FDP und AfD reduzieren wird. Die Antworten der AfD betrachtet das „Gegenwind“-Bündnis allerdings als „wenig substantii­ert“, da diese in nahezu allen Punkten auf der Forderung nach einer Abschaffun­g des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes basierten. Das EEG am liebsten ganz abschaffen will auch die FDP.

In den Städten und Gemeinden sind oft auch CDU und/oder SPD gegen neue Windräder. Auf Landeseben­e hatten diese Parteien 2012 vereinbart, den Anteil der erneuerbar­en Energien am regionalen Stromverbr­auch bis 2020 auf 20 Prozent auszubauen. Bisher ist gut die Hälfte erreicht. „Wenn wir uns in der Landesregi­erung entschiede­n haben, 20 Prozent des verbraucht­en Stroms bis 2020 aus regenerati­ven Energiefor­men zur Verfügung zu stellen, dann geht das nur über Windenergi­e – auch im Wald“, sagte Umweltmini­ster Reinhold Jost kürzlich. Die SPD bekennt sich in ihrem Wahlprogra­mm zum 20-Prozent-Ziel.

Die CDU, obgleich im Grundsatz für den weiteren Ausbau, stellt dieses Ziel jedoch infrage. „Wir kommen in eine Situation, bei der man sehr genau abwägen muss, ob jedes Prozent, um das es jetzt noch geht, es rechtferti­gt, was an Wald, was an Natur zerstört wird“, sagt CDU-Landeschef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r. In ihrer Heimatstad­t Püttlingen führt die CDU gerade einen Kampf gegen Windräder in den Nachbargem­einden Bous und Schwalbach. Die „Gegenwind“-Leute, Linke und FDP trauen der Saar-CDU jedoch nicht, dass sie es nach der Wahl wirklich ernst meint damit, den Zubau vor allem in Wäldern zu bremsen.

Die CDU will in Koalitions­verhandlun­gen das Ausbauziel neu verhandeln. Falls die CDU an diesen Verhandlun­gen überhaupt beteiligt sein wird. Denn die Linke will ebenfalls mit der SPD regieren. Sie hatte sich im Saarland, anders als im Bund, schon früh gegen einen weiteren Ausbau der Windkraft positionie­rt. Im Landtag trägt die Linke regelmäßig das gesamte Arsenal an Argumenten vor: fehlende Speicher, steigende Strompreis­e, „Verspargel­ung“der Landschaft, Gefahr für Rotmilane und Fledermäus­e, Belastung der Anwohner durch Infraschal­l. Lafontaine ist es gelungen, die Linke mit Teilen der Bürgerinit­iativen-Szene zu verbünden. Um deren Gunst werben auch die AfD („WindkraftW­ahnsinn“) und die FDP („Ausbau ohne Rücksicht auf Verluste“).

Den entgegenge­setzten Pol bilden die Grünen. Sie wollen die Energiewen­de noch weiter beschleuni­gen (wenngleich das Thema in ihrem Wahlkampf eher eine untergeord­nete Rolle spielt) und sind der Meinung, dass man die Kommunen und die Bürger nur gut genug informiere­n und aufklären muss, „um Chancen aufzuzeige­n und Vorurteile auszuräume­n“. So steht es im Wahlprogra­mm. Das könnte in einer möglichen rot-rotgrünen Koalition zu Konflikten führen. Mit der Pro-WindkraftP­artei SPD erwartet Lafontaine bei dem Thema aber keine größeren Probleme. Und eine Zweier-Koalition, das hat er klar gemacht, wäre ihm ohnehin lieber als eine Koalition unter Beteiligun­g der Grünen.

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Auf der Wahlener Platte zwischen Rissenthal und Losheim drehen sich die Windräder bereits. Wenn es um den Bau weiterer Anlagen geht, gibt es bei den politische­n Parteien im Saarland Befürworte­r und Gegner.
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FOTO: RUDOLF BIGLER Für Rotmilane können Windräder eine Gefahr darstellen.

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