Saar-Steuerfahnder bei Großrazzia in Luxemburg
Schwerpunkte der Durchsuchungsaktion saarländischer Fahnder waren Luxemburg und der Großraum Trier. Ein Ehepaar aus Trier wurde festgenommen.
SAARBRÜCKEN (mju) Die Steuerfahndung des Saarlandes meldet einen grenzüberschreitenden Erfolg. Bei einer Großrazzia wegen Umsatzsteuerhinterziehung in Höhe von etwa 600 000 Euro wurden gestern unter anderem vier Geschäftsräume in Luxemburg durchsucht. Saarländische Ermittler standen dabei luxemburgischen Polizisten zur Seite. Gleichzeitig wurden in der Region Trier vier Beschuldigte durchsucht. Eine 45-Jährige kam in U-Haft, ihr Ehemann wurde festgenommen.
Saar-Ermittler sind bundesweit für durch luxemburgische Firmen nach Deutschland ausgeführte Umsätze zuständig. Sie kamen einem groß angelegten Steuermodell um Kontaktlinsen auf die Spur. Statt 19 Prozent seien dafür nur – wie in Luxemburg – drei Prozent Umsatzsteuer gezahlt worden.
SARBRÜCKEN/TRIER Nach monatelangen Vorbereitungen traten 28 Fahnder der saarländischen Steuerfahndung (Steufa) gestern in der Region Trier, Saarburg und Wittlich sowie in Luxemburg auf den Plan. Fast zeitgleich wurden ihre Fahnderkollegen in Pinneberg (Schleswig-Holstein), Hamburg und Frechen (Nordrhein-Westfalen) im Auftrag der Ermittler des Saar-Fiskus und der Staatsanwaltschaft aktiv. Den Aktivitäten von sechs Beschuldigten, davon vier aus dem Großraum Trier und zwei aus Hamburg und Frechen, gilt das besondere Interesse der SaarSteufa, die bundesweit zuständig ist für nach Deutschland ausgeführte Umsätze luxemburgischer Unternehmen. Die Überraschung schien den Fahndern gelungen. Nach SZ-Informationen versuchte in Trier eine 45-Jährige quasi in letzter Minute Dokumente über Umsätze, die angeblich über Luxemburg mit Kontaktlinsen erfolgten, zu vernichten. Sie wurde festgenommen. Der Haftrichter in Saarbrücken schickte sie später wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft. Ihr Ehemann wurde am frühen Abend ebenfalls festgenommen.
Das Saar-Finanzministerium geht in einer ersten Zwischenbilanz davon aus, dass die sechs Beschuldigten seit 2013 ein Umsatzvolumen von 3,2 Millionen Euro „nicht korrekt angegeben haben“. Der Steuerschaden wird auf rund 600 000 Euro geschätzt. Das be- sondere Steuersparmodell der Geschäftsleute, die vermutlich mit mehr als 15 Briefkastenfirmen gearbeitet haben: Für Medizinprodukte fallen im Großherzogtum nur drei Prozent Umsatzsteuer an, in Deutschland dagegen 19 Prozent. Ab einem Volumen von 100 000 Euro sind Firmen, die nach Deutschland liefern, verpflichtet, den deutschen Steuersatz zu zahlen. Über zahlreiche Scheinfirmen sollen die Beschuldigten diese Lieferschwelle vermieden haben. Durch den mit dieser Methode über Jahre erzielten Steuervorteil konnten sie ihre Kontaktlinsen deutlich günstiger als die Konkurrenz anbieten.
Michael Ehm und Gerd Kennel, die Chefs der Saar-Steuerfahndung, verwiesen nach der Groß- razzia auf die gute Zusammenarbeit mit ihren Fahnderkollegen in Trier und die grenzüberschreitende Kooperation mit der Polizei in Luxemburg. Komplimente kamen unmittelbar von Finanzminister Stephan Toscani (CDU). Er lobte die gute Vorbereitung der gezielten Großaktion. Er sagte weiter: „Gemeinsam ist den Behörden des Saarlandes, Luxemburgs und von Rheinland-Pfalz ein Schlag gegen internationale Steuerhinterziehung gelungen.“
Die Federführung bei den Durchsuchungen von vier Firmenräumen in kleineren Gemeinden im Großherzogtum hatte nach dem deutschen Rechtshilfeersuchen die luxemburgische Polizei. Vier Steuerfahnder aus dem Saarland begleiteten die Beamten bei den Hausbesuchen und konnten durchaus auch Hinweise geben, welche Unterlagen möglicherweise für das Verfahren von besonderem Interesse sein könnten. Bis das in Luxemburg sicher- gestellte Beweismaterial nach Saarbrücken überstellt wird, dürfte jedoch noch etwas Zeit ins Land gehen.
Für Ehm, Kennel und ihre Ermittlermannschaft beginnt derweil bereits nach der Großrazzia die Auswertung und Analyse der auf deutschem Boden beschlagnahmten Unterlagen sowie der Speichermedien.
Das Geschäftsmodell der Kontaktlinsen-Händler funktionierte übrigens fast ausschließlich über das Internet. Eine Homepage richtete sich gezielt an deutsche Kundschaft. Ob der florierende Versandhandel mit den Kontaktlinsen allerdings tatsächlich vom benachbarten Großherzogtum aus gesteuert wurde, scheint fraglich.