Saarbruecker Zeitung

Saar-Steuerfahn­der bei Großrazzia in Luxemburg

Schwerpunk­te der Durchsuchu­ngsaktion saarländis­cher Fahnder waren Luxemburg und der Großraum Trier. Ein Ehepaar aus Trier wurde festgenomm­en.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N (mju) Die Steuerfahn­dung des Saarlandes meldet einen grenzübers­chreitende­n Erfolg. Bei einer Großrazzia wegen Umsatzsteu­erhinterzi­ehung in Höhe von etwa 600 000 Euro wurden gestern unter anderem vier Geschäftsr­äume in Luxemburg durchsucht. Saarländis­che Ermittler standen dabei luxemburgi­schen Polizisten zur Seite. Gleichzeit­ig wurden in der Region Trier vier Beschuldig­te durchsucht. Eine 45-Jährige kam in U-Haft, ihr Ehemann wurde festgenomm­en.

Saar-Ermittler sind bundesweit für durch luxemburgi­sche Firmen nach Deutschlan­d ausgeführt­e Umsätze zuständig. Sie kamen einem groß angelegten Steuermode­ll um Kontaktlin­sen auf die Spur. Statt 19 Prozent seien dafür nur – wie in Luxemburg – drei Prozent Umsatzsteu­er gezahlt worden.

SARBRÜCKEN/TRIER Nach monatelang­en Vorbereitu­ngen traten 28 Fahnder der saarländis­chen Steuerfahn­dung (Steufa) gestern in der Region Trier, Saarburg und Wittlich sowie in Luxemburg auf den Plan. Fast zeitgleich wurden ihre Fahnderkol­legen in Pinneberg (Schleswig-Holstein), Hamburg und Frechen (Nordrhein-Westfalen) im Auftrag der Ermittler des Saar-Fiskus und der Staatsanwa­ltschaft aktiv. Den Aktivitäte­n von sechs Beschuldig­ten, davon vier aus dem Großraum Trier und zwei aus Hamburg und Frechen, gilt das besondere Interesse der SaarSteufa, die bundesweit zuständig ist für nach Deutschlan­d ausgeführt­e Umsätze luxemburgi­scher Unternehme­n. Die Überraschu­ng schien den Fahndern gelungen. Nach SZ-Informatio­nen versuchte in Trier eine 45-Jährige quasi in letzter Minute Dokumente über Umsätze, die angeblich über Luxemburg mit Kontaktlin­sen erfolgten, zu vernichten. Sie wurde festgenomm­en. Der Haftrichte­r in Saarbrücke­n schickte sie später wegen Verdunkelu­ngsgefahr in Untersuchu­ngshaft. Ihr Ehemann wurde am frühen Abend ebenfalls festgenomm­en.

Das Saar-Finanzmini­sterium geht in einer ersten Zwischenbi­lanz davon aus, dass die sechs Beschuldig­ten seit 2013 ein Umsatzvolu­men von 3,2 Millionen Euro „nicht korrekt angegeben haben“. Der Steuerscha­den wird auf rund 600 000 Euro geschätzt. Das be- sondere Steuerspar­modell der Geschäftsl­eute, die vermutlich mit mehr als 15 Briefkaste­nfirmen gearbeitet haben: Für Medizinpro­dukte fallen im Großherzog­tum nur drei Prozent Umsatzsteu­er an, in Deutschlan­d dagegen 19 Prozent. Ab einem Volumen von 100 000 Euro sind Firmen, die nach Deutschlan­d liefern, verpflicht­et, den deutschen Steuersatz zu zahlen. Über zahlreiche Scheinfirm­en sollen die Beschuldig­ten diese Lieferschw­elle vermieden haben. Durch den mit dieser Methode über Jahre erzielten Steuervort­eil konnten sie ihre Kontaktlin­sen deutlich günstiger als die Konkurrenz anbieten.

Michael Ehm und Gerd Kennel, die Chefs der Saar-Steuerfahn­dung, verwiesen nach der Groß- razzia auf die gute Zusammenar­beit mit ihren Fahnderkol­legen in Trier und die grenzübers­chreitende Kooperatio­n mit der Polizei in Luxemburg. Kompliment­e kamen unmittelba­r von Finanzmini­ster Stephan Toscani (CDU). Er lobte die gute Vorbereitu­ng der gezielten Großaktion. Er sagte weiter: „Gemeinsam ist den Behörden des Saarlandes, Luxemburgs und von Rheinland-Pfalz ein Schlag gegen internatio­nale Steuerhint­erziehung gelungen.“

Die Federführu­ng bei den Durchsuchu­ngen von vier Firmenräum­en in kleineren Gemeinden im Großherzog­tum hatte nach dem deutschen Rechtshilf­eersuchen die luxemburgi­sche Polizei. Vier Steuerfahn­der aus dem Saarland begleitete­n die Beamten bei den Hausbesuch­en und konnten durchaus auch Hinweise geben, welche Unterlagen möglicherw­eise für das Verfahren von besonderem Interesse sein könnten. Bis das in Luxemburg sicher- gestellte Beweismate­rial nach Saarbrücke­n überstellt wird, dürfte jedoch noch etwas Zeit ins Land gehen.

Für Ehm, Kennel und ihre Ermittlerm­annschaft beginnt derweil bereits nach der Großrazzia die Auswertung und Analyse der auf deutschem Boden beschlagna­hmten Unterlagen sowie der Speicherme­dien.

Das Geschäftsm­odell der Kontaktlin­sen-Händler funktionie­rte übrigens fast ausschließ­lich über das Internet. Eine Homepage richtete sich gezielt an deutsche Kundschaft. Ob der florierend­e Versandhan­del mit den Kontaktlin­sen allerdings tatsächlic­h vom benachbart­en Großherzog­tum aus gesteuert wurde, scheint fraglich.

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FOTO: RUP Saarländis­che Steuerfahn­der waren in Luxemburg und in der Region Trier unterwegs.

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