Der Hoflieferant des Großherzogs
Luxemburger Antiquitätenhändler besitzt Utensilien von Königen, Hollywood-Stars oder weltbekannten Schriftstellern.
LUXEMBURG Keine Frage, Armand Wagner ist ein echter Tausendsassa. Der 58-Jährige ist Inhaber eines Antiquitäten-Geschäfts nahe des Place du Théâtre in Luxemburg-Stadt. Und was der Kunstexperte so an Schätzen bislang gehoben hat, ist schon mehr als erstaunlich. So hat er die verloren geglaubten Dokumente der Luxemburger Regierung während der Londoner Exilzeit aufgespürt und dem Staatsarchiv vermacht. Dafür wurde ihm die Ehre eines „Chevalier de l’ordre du mérite“zuteil.
„Ich hatte diese eiserne Kiste drei Jahre im Keller und nie geöffnet. Sie zählte zur Apanage des Großherzogs. Als ich die geheimen Dokumente gesehen habe, war die Sensation groß. Ich wurde damals mit 25 Jahren zum jüngsten Ritterkreuzträger in Luxemburg gekürt“, erinnert sich Wagner zurück. Seitdem ist er Hoflieferant des Großherzogs in Sachen Antiquitäten.
In der Zwischenzeit hat der Luxemburger – er kauft ganze Nach- lässe von Villen und Erbengemeinschaften auf – etliche weitere Schätze gehoben. „Es ist schon ein Gefühl der Euphorie, wenn man etwas Besonderes entdeckt hat“, sagt der Bonvivant, der ursprünglich Schaufenster-Dekorateur gelernt hat. Er besitzt Möbel aus dem Schlafzimmer von Charlie Chaplin. Der weltberühmte Komiker lebte bis zu seinem Tod im schweizerischen Vevey. Oder: Er besitzt Büromöbel des Grafen von Stauffenberg oder die Brillensammlung von Bertolt Brecht. Und schon hat er ein silbernes Schälchen in der Hand. „Das gehörte der Prinzessin Luise von Preußen, Tochter von Wilhelm II. Sehr schön versilbert“, sagt der Antiquitäten-Händler, der zu jedem seiner Stücke unzählige Anekdoten zu erzählen hat.
Die Liebe zu Kunst und Krempel wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. „Mein Vater war Vergolder. Wir sind jeden Sonntag mit dem Opel Kapitän nach Brüssel gefahren, wo er historische Utensilien erstanden hat. Unser Haus war quasi ein Museum, auf jeder Stufe stand eine Statue. Meinen ersten Flohmarkt habe ich mit sechs oder sieben in unserem Haus abgehalten.“
Zupass kommen dem Kunstexperten, dass er Kontakte in ganz Europa hat, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben. Vor allem zu aristokratischen Kreisen. „Es gab Zeiten, da war ich jeden dritten Tag im Jahr auf einer Jagdgesellschaft, wo ich wohl der Einzige ohne Adelstitel war.“Auch gelegen kommt ihm seine Herkunft im vielsprachigen Luxemburg. So spricht er neben Französisch und Deutsch auch Englisch und Italienisch.
In seinem kleinen Geschäft ist jeder Quadratmeter voll gestellt, im Keller sieht es nicht anders aus. Und vor allem ist es eines: hochwertige Ware. Hier Glaskunst von Lalique, dort Meißner PorzellanFiguren, Porzellan von König Albert I. aus Belgien oder LimogesPorzellan mit Goldinitialen, welches Wagner leidenschaftlich sammelt. Der Mann, der über ein umfangreiches Wissen über Ge- schichte verfügt („kein Studium, dafür stapelweise Bücher verschlungen“), ist zudem Kunstsachverständiger am Obergerichtshof Luxemburg. Er besitzt Teile des Nachlasses des Königs von Württemberg (Friedrich II.), sitzt zu Hause gerne mal im Thron des ägyptischen Königs Faruq und gönnt sich auch mal ein Nickerchen im Himmelbett der Großmutter der englischen Königin Elisabeth II. Früher sammelte er alte Mercedes-Modelle. Dieses Hobby hat er aufgegeben. Vor allem die Kunst ist sein Steckenpferd. Immer wieder ist der Autodidakt auf großen Auktionen in Brüssel, Amsterdam oder Paris unterwegs – ständig auf der Jagd nach einem verlorenen Schatz.