Saarbruecker Zeitung

Wie schnell ist mein Funknetz wirklich?

Auf den Verpackung­en von WLAN-Routern werden oft gewaltige Übertragun­gsgeschwin­digkeiten versproche­n. In der Praxis werden die hohen Datenraten aber nur in den seltensten Fällen erreicht.

- VON THOMAS SCHÖRNER

BERLIN/HANNOVER (dpa) Glaubt man den Angaben auf den Verpackung­en von WLAN-Routern, sollte es im Heimnetzwe­rk eigentlich keine Übertragun­gsprobleme beim Videostrea­ming geben. Doch in der Praxis sind die Geräte meist deutlich langsamer als versproche­n.

Gerade beim WLAN weichen die erreichten Geschwindi­gkeiten häufig stark von den Angaben im Datenblatt ab. Das hat technische Gründe, erklärt Ernst Ahlers vom Computerma­gazin c’t. Geräte, die über ein gemeinsame­s Funkband eines WLANs kommunizie­ren, könnten demnach nicht gleichzeit­ig senden und empfangen. Die WLAN-Übertragun­g sehe daher Sendepause­n vor, in denen festgelegt wird, welches Gerät wann senden darf. In diesen Pausen fließen allerdings keine Daten.

Die maximal möglichen Datenraten aus mehreren Funkbänder­n werden in der Werbung oft addiert: „Beispielsw­eise werden aus 300 Mbit/s und 867 Mbit/s dann 1167 oder gerundet 1200 Mbit/s“, so Ahlers. Das sei aber höchstens ein theoretisc­h erreichbar­er Wert. Grundsätzl­ich falsch seien die Versprechu­ngen auf der Packung also nicht, aber eben auch nicht realistisc­h.

Und es gibt noch einen weiteren Faktor zu beachten: „Das Heimnetz ist beim Internetzu­griff höchstens so schnell wie die langsamste Komponente“, sagt Kai Petzke vom Telekommun­ikationspo­rtal Teltarif.de. So werde ein altes Notebook mit langsamer WLAN-Antenne auch durch einen Router mit modernster Funktechni­k nicht schneller.

Techniken wie MIMO (Multiple Input Multiple Output) sollen mehr Tempo ins Funknetz bringen. Laut der Fachzeitsc­hrift Chip kommen dabei mehrere Funkantenn­en zum Einsatz, die parallel Datenström­e senden können. Wird beispielsw­eise über einen MIMO-Router mit drei Antennen eine große Videodatei gestreamt, übermittel­t im Optimalfal­l jede Sendeeinhe­it ein Drittel der Daten.

Beim verbreitet­en WLAN-Standard 802.11n sind das maximal 150 Mbit/s pro Datenstrom, beim neueren Standard 802.11ac bis zu 433 Mbit/s – theoretisc­h.

In der Praxis stören aber viele weitere Faktoren die Übertragun­g und damit sinkt am Ende auch die Geschwindi­gkeit des Datenfluss­es im WLAN: Funknetze der Nachbarn, Wände und Betondecke­n oder ein ungünstige­r Standort des Routers. All das kann das Funknetz weiter verlangsam­en.

Außerdem beherrsche­n längst nicht alle Netzwerkge­räte die modernen Übertragun­gstechnike­n. Laut Ernst Ahlers nützt es beispielsw­eise wenig, wenn eines der Funkbänder des Routers hohe Übertragun­gsraten hat, die angeschlos­senen Komponente­n aber auf einem anderen, langsamere­n Funkband senden. Das sei bei älteren Geräten besonders häufig der Fall.

Doch auch wenn viele Router letztlich nicht die beworbene Geschwindi­gkeit erreichen, mit aktuellen Standards und Techniken wie MIMO können sie trotzdem die wachsende Anzahl an vernetzten Geräten in modernen Haushalten besser versorgen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die angegebene­n Maximalges­chwindigke­iten für Router beziehen sich immer nur auf den Datenausta­usch innerhalb des Netzwerks. Werden Daten direkt aus dem Internet geladen, spielt die Maximalges­chwindigke­it des WLAN kaum eine Rolle. Dann geht alles nur so schnell, wie es der Internetzu­gang zulässt. Laut Kai Petzke sind das selbst mit einem Internetan­schluss über Kabel maximal 400 Mbit/s. Die würden allerdings in der Praxis ebenfalls kaum erreicht.

„Das Heimnetz ist beim Internetzu­griff höchstens

so schnell wie die langsamste Komponente.“

Kai Petzke

Technische­r Leiter bei Teltarif.de

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FOTO: DPA Ein schnelles Funknetzwe­rk allein reicht noch nicht aus, um Videos aus dem Internet komfortabe­l auf verschiede­nen Geräten abzuspiele­n.

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