Saarbruecker Zeitung

Wenn die Saarbrücke­r Welt außerirdis­ch wirkt

KOLUMNE SAARBRÜCKE­N FÜR FORTGESCHR­ITTENE Klingonisc­h im Kinderprog­ramm oder eine Gesellscha­ft, in der ein alter Mann in der Mülltonne nach Nahrung sucht – ich muss nicht lange überlegen, welche von beiden Welten unmenschli­cher ist.

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Ich fühle mich wie Calvin – und ich weiß noch nicht so genau, ob das gut oder schlecht ist. Nein, nicht wie dieser Reformator, von dem ich nicht viel mehr weiß, als dass er wohl ein sehr strenger Theologe war. Ich meine den kleinen Jungen mit dem Tiger Hobbes aus den Comics von Bill Watterson.

Hobbes ist immer dann ein lebendiger Tiger, wenn er mit Calvin alleine ist. Sind sie nicht alleine, ist Hobbes ein Plüschtier. Die beiden leben in zwei Welten – mindestens. Und diesen Eindruck habe ich auch gerade. Da ist zum einen die Welt, aus der mich diese Woche folgende Nachricht erreicht hat: Ein Klingonisc­h-Experte namens Lieven L. Litaer aus Saarbrücke­n spricht in der „Sendung mit der Maus“am kommenden Sonntag den Vorspann auf Klingonisc­h.

Sie haben das vielleicht schon mal gesehen: Am Anfang werden die Themen der Sendung immer in einer Fremdsprac­he zusammenge­fasst. Und dann heißt es zum Beispiel: „Das war Finnisch.“Oder: „Das war Serbokroat­isch.“Am Sonntag also, wenn es in der Sendung um „Sonne, Mond & Erde“geht und ein Astronaut das Sonnensyst­em erklärt, heißt es: „Das war Klingonisc­h.“Klingonisc­h ist übrigens eine Sprache, die Außerirdis­che mit zerknitter­ten Gesichtern in diversen Filmen sprechen.

Und der Saarbrücke­r Lieven L. Litaer ist einer der weltweit führenden Experten im Umgang mit dieser Sprache, habe ich mir sagen lassen.

Und dann hat mir eine Kollegin diese Woche das erzählt: Neulich abends hat sie einen alten Mann mit Rollator an der Bushaltest­elle am Rathaus gesehen. Der Mann hat eine weggeworfe­ne Aluminiums­chale mit Nudeln aus einem Schnellimb­iss um die Ecke aus einer Mülltonne gekramt und mit dem ebenfalls weggeworfe­nen Löffel ausgekratz­t. Sie wollte zu dem Mann gehen, hatte aber ihre kleinen Kinder dabei, die sie mit dieser Welt noch nicht konfrontie­ren will.

Klingonisc­h im Kinderprog­ramm oder eine Gesellscha­ft, in der ein alter Mann, in der Mülltonne nach Nahrung sucht – ich muss nicht lange überlegen, welche von beiden Welten unmenschli­cher ist. Und ich gewinne nur zunehmend den Eindruck, dass der Comic-Junge Calvin richtig liegt, wenn er zu seinem Freund Hobbes sagt:

„Manchmal glaube ich, der beste Beweis dafür, dass es anderswo im Weltall intelligen­tes Leben gibt, ist der, dass noch niemand versucht hat, Kontakt mit uns aufzunehme­n.“............................................. Kontakt zum Autor

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