Saarbruecker Zeitung

Polizei schnappt Enkeltrick-Betrüger

„Hoss“gilt als Erfinder der Betrugsmas­che. Jetzt wurde der Pole in seinem Warschauer Versteck verhaftet.

- VON NATALIE SKRZYPCZAK

WARSCHAU/WIEN (dpa) Zur Tarnung rasierte er Bart und Haare und setzte sich eine Brille auf, so berichten es die Fahnder. Sein Sohn brachte ihm demnach als Handwerker verkleidet Essen ins Warschauer Versteck. Dennoch kam die polnische Polizei dem mutmaßlich­en Chef der Enkeltrick-Mafia auf die Spur, der als Erfinder der Betrugsmas­che gilt. Vergangene Woche nahm sie Arkadiusz L. in einer Wohnung in der polnischen Hauptstadt fest.

Der Einsatz habe den unter dem Spitznamen „Hoss“bekannten Betrüger vollkommen überrascht, heißt es von Polens Polizeiein­heit für organisier­tes Verbrechen CBSP über die Festnahme. „Er leistete keinen Widerstand“, sagt Sprecherin Agnieszka Hamelusz.

Rund drei Jahre hatten ihre Kollegen gemeinsam mit Hamburger Ermittlern nach dem mutmaßlich­en Kopf der organisier­ten Bande gesucht, die in großem Stil deutsche, Schweizer- und österreich­ische Senioren mit der Enkeltrick-Masche bestohlen haben soll. Der 49-jährige Pole war ihnen im Februar dieses Jahres bereits knapp entkommen. Ein polnisches Gericht ließ ihn auf Kaution frei. „Hoss“tauchte zum vereinbart­en Termin nicht wieder auf.

Jetzt werde er wohl nicht so schnell wieder auf freien Fuß kommen, sagt Hamelusz. Die dreimonati­ge Untersuchu­ngshaft könne die Staatsanwa­ltschaft verlängern. Sie wirft dem Polen Betrug in vier Fällen mit einem Schaden von rund 300 000 Euro vor. Nach Anga- ben der österreich­ischen Polizei soll die „Hoss“-Bande im deutschspr­achigen Raum sogar eine Milliarde Euro erbeutet haben.

Mehr als ein Dutzend Komplizen habe der Pole gehabt, vor allem aus der Familie, wie Hamelusz sagt. Als ihr Anführer soll „Hoss“den Enkeltrick erfunden haben. Bei der Masche gaukeln Betrüger ihren zumeist älteren Opfern am Telefon vor, ein Verwandter zu sein. Als vermeintli­che Enkel oder Neffen bringen sie die oft alleinlebe­nden Senioren dann dazu, ihnen Geld zu geben. Mit dem simp- len und zugleich perfiden Trick war „Hoss“möglicherw­eise lange im Geschäft. „Mindestens zehn Jahre – mindestens“, sagt Hamelusz. Bis er gefasst worden sei, habe er wohl abwechseln­d in Deutschlan­d, Polen, Österreich und Großbritan­nien gelebt, mutmaßt sie.

Wo „Hoss“nun vor Gericht kommt und was er selbst zu den Vorwürfen sagt, steht bislang nicht fest. Nicht nur Polen will den mutmaßlich­en Betrüger zur Verantwort­ung ziehen. Österreich erließ einen europäisch­en Haftbefehl.

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FOTOS: DPA Zielfahnde­r und Spezialkrä­fte nehmen den mutmaßlich­en Anführer der Enkeltrick-Mafia, Arkadiusz L., in Warschau fest.

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