Die lassen’s krachen...
Cloud Nothings, Mind Rays, Meat Wave, Sorority Noise, Drive Like Maria und King Gizzard & The Lizard Wizard
Dort, wo uns das atmosphärische Cover von „Life Without Sound“(Wichita/PIAS 3) hinträumt, will man gerne sein. Doch hätten wir als akustischen Begleiter Poppigeres, Sonnendurchflutetes bevorzugt – passend zum schillernden, überwiegend ruhigen Wasser… Dylan Baldi hatte Cloud Nothings vor sieben Jahren als Teen gegründet und dies ist schon das vierte Album des von Punkrock und Powerpop inspirierten Trios, dem das Hymnische eine ebenso wichtige Tugend ist wie Dichte und Sendungsbewusstsein. Tatsächlich können die Bemühungen des Dreiers aus Cleveland einen gewissen Sog erzeugen, leider aber bleiben die Ausschläge auf der für das Genre obligaten CoolnessSkala zu gering.
„Knieschoner und Ohrstöpsel“empfiehlt der InfoZettel für den Besuch der bevorstehenden Tour der Mind Rays. Wahrscheinlich sollte man sich auch sein Bier vor der Show besorgen, um nichts zu verpassen. Denn in bester Ramones-Manier dauern die meisten Stücke dieses belgischen Vierers kaum mehr als zwei Minuten. Dass dem Sänger namens Sis im Cover von „Never Endings“(PNKSLM/ H’Art 4) sowohl „words“als auch „vocals“zugeschrieben werden, spricht Bände: Hier wird selten sauber artikuliert, sondern eher gebellt und Galle gespuckt. Nur 22 Minuten (verteilt auf zehn Tracks) dauert der vergnügliche Spuk aus der Garage. In ähnlicher Weise sind Meat Wave aus Chicago unterwegs. Auch ihr rastloses Songdutzend gehorcht den Paradigmen der Punk-Ära, transportiert Wut und Verzweiflung, zelebriert Stakkato und Verdichtung. Er sei „ziellos, verwirrt und extrem verunsichert“gibt Chris Sutter im TitelStück von „The Incessant“(Big Scary Monsters/Al!ve 4) zu Protokoll. Womit er in ungewissen Zeiten wie diesen gewiss vielen aus der Seele spricht. Dieses Album wird also auch ohne das Benennen vermeintlicher Lö- sungsstrategien den Nerv potentieller Hörer treffen… Warum der fraglos ergötzliche Lärm am Ende dann doch qualitativ knapp hinter den Mind Rays landet, mag am doch spürbar größeren Kraftaufwand für dessen Erzeugung liegen. Sorority Noise richten den Blick bewusst nach vorne – in eine bessere Zukunft. Was auch das CoverMotiv unmissverständlich ausdrückt. So sind die mannigfaltigen Pop-Anteile von „You’re Not As_As You Think“(Big Scary Monsters/ Al!ve 3) dieser Sehnsucht inmitten krachender Grundsubstanz definitiv zuträglich. Der erzeugte, raffinierte Kontrast weiß als Wechselbad der Lautstärken und Intensitäten fraglos zu gefallen, problematischer wird es, wenn beide Anteile sich in allzu umständlichen, breitbeinigen Rocker-Posen verdichten.
Auf der Bühne sind Drive Like Maria eine sichere Bank – 300 ausverkaufte Konzerte und etliche Festivalauftritte bescheinigen dies. „Creator, Preserver, Destroyer“(Ca- roline International 3) (übersetzt: Schöpfer, Bewahrer, Zerstörer) wird seinem Titel gerecht: Knochentrockener Rock’n’Roll mit Punk-Attitüde und Pop-Affinität ist das Metier auch dieses Drittwerkes des Belgisch/Holländischen Trios. Was das Repertoire unter der ProduzentenHänden von John Agnello (Dinosaur Jr., Sonic Youth) häufig in die Nähe der Kings Of Leon rückt.
Ein Geheimtipp für den Freund fiebrigmanischer Jams und psychedelisch rockender Grooves sind King Gizzard & The Lizard Wizard schon eine ganze Weile. Mit „Flying Microtonal Banana“(welch ein herrlicher Gaga-Titel!) (Heavenly/ PIAS 4) treiben sie ihre Kunst auf die so vergnügliche wie schnörkellose Spitze. Man darf auch songdienlich dazu sagen – oder: aus einem Guss. Verspielte Kolorierungen mittels instrumenteller Schmankerl – insbesondere mit mittelöstlicher Note! – tun dem intensiven Treiben diesbezüglich überhaupt keinen Abbruch.
Patrick Richardt „Soll die Zeit doch vergehen“(Grand Hotel Van Cleef/Indigo): „Ein fast schmerzhaft ehrliches Werk, wie ein Hörbuch, aufgeblättert von einer Stimme, an die man sich anlehnen kann“schmeichelt der Info-Zettelschreiber diesem 28-jährigen Barden. Dass deutscher Pop dieser Sorte derzeit so sehr im Fokus steht, hat mit dem tiefen Anlehnungsbedürfnis des Menschen gewiss genauso zu tun wie mit einer generellen Wertschätzung für authentische, gut verständliche Texte. Herr Richardt hat ja schon für Kettcar, Thees Uhlmann und die Sportfreunde Stiller Shows eröffnet und in den besten Momenten (Piano! Bläser! Saiten!) seines ambitionierten, einer Depression abgetrotzten Zweitwerkes touchiert der Mann tatsächlich die Altvorderen. Der Gesamteindruck bleibt trotzdem seltsam rührselig und fad.