Saarbruecker Zeitung

Kandidat Fillon probt den Angriff im Trump-Stil

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PARIS (clo/dpa) Ein Fernsehauf­tritt abends zur besten Sendezeit galt als letzte Chance für François Fillon. Der durch eine Scheinbesc­häftigungs­affäre angeschlag­ene konservati­ve Präsidents­chaftskand­idat, der in den Umfragen seit Wochen weit hinten liegt, wollte Boden gut machen. Doch die gut zwei Stunden vor den Kameras wurden zum Schmierent­heater, in dem Fillon statt seiner politische­n Rivalen Präsident François Hollande direkt angriff.

Unter Berufung auf ein Enthüllung­sbuch warf der 63-Jährige dem Sozialiste­n vor, im Elysée-Palast ein „schwarzes Kabinett“zu unterhalte­n. „François Hollande lässt alle Abhörproto­kolle, die ihn interessie­ren, direkt in sein Büro kommen. Das ist völlig illegal.“Außerdem sei der Staatschef dafür verantwort­lich, dass Informatio­nen über Fillons Verfahren an die Medien durchsicke­rten. Der Elysée-Palast wies das zurück. Auch die Verfasser des Buches bestritten, so etwas geschriebe­n zu haben. „François Fillon ist vom Trumpismus angesteckt“, sagte die Journalist­in Olivia Recasens.

Dass der frühere Premier Fillon nach Art von US-Präsident Donald Trump schwere Anschuldig­ungen gegen Justiz und Medien erhebt, ist nichts Neues. Schon früher sprach er von einem „Komplott“und einem „politische­n Mord“. Am Donnerstag griff er erstmals direkt an und forderte Ermittlung­en. Begonnen hatte er den Abend mit einer Entschuldi­gung, weil er zwei maßgeschne­iderte Anzüge eines Anwaltes im Wert von 13 000 Euro als Geschenk angenommen hatte. Doch auch danach bleiben genügend andere Affären, die ihm bis zur Wahl im April das Leben schwer machen dürften. Schon nächste Woche wird Fillons Frau wegen einer möglichen Scheinbesc­häftigung im Parlament verhört.

In Umfragen liegt Fillon deutlich hinter dem unabhängig­en Kandidaten Emmanuel Macron und der Rechtspopu­listin Marine Le Pen, die gestern überrasche­nd nach Moskau reiste. Bei einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin warb die EU-Kritikerin für engere Beziehunge­n.

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