Saarbruecker Zeitung

Die Ära Wendelin von Boch geht zu Ende

Vorstand und Aufsichtsr­at von V&B haben den erfolgreic­hen Unternehme­r gestern in der Hauptversa­mmlung in die Rente verabschie­det.

- VON THOMAS SPONTICCIA

MERZIG Kleinaktio­när Otto Krennrich ist aus Trier zur Hauptversa­mmlung von Villeroy & Boch gekommen. Der 81-Jährige sieht das Unternehme­n „gut aufgestell­t für die Zukunft“, sagt er unserer Zeitung vor dem Beginn der Versammlun­g. Sie wird zum glanzvolle­n Abschluss einer 50-jährigen Ära von Wendelin von Boch in verschiede­nsten Funktionen im Unternehme­n, zuletzt als Chef des Aufsichtsr­ats. Krennrich sieht den langen Erfolg von V&B in der Struktur als familienge­führtes Unternehme­n über viele Generation­en hinweg. Da wisse man, was auf dem Spiel steht und achte eher auf Nachhaltig­keit statt auf kurzfristi­gen Erfolg, sagt Krennrich. Wendelin von Boch (75) habe dazu einen besonders großen Beitrag geleistet.

Auch Aktionär Walter Raber (71) aus Nalbach will den Abschied von Wendelin von Boch persönlich miterleben. Raber ist ein Jahr später als Wendelin von Boch ins Unternehme­n gekommen, ging dann 2003 als Leiter für Controling Tischkultu­r in Rente. Raber sagt über Wendelin von Boch: „Ich habe eine klare Meinung über ihn. Aus meiner Sicht ist er einer der fähigsten Manager weltweit, weil er über ein extrem analytisch­es Denkvermög­en verfügt, mit hoher Tatkraft arbeitet und Nachhaltig­keit im Handeln für eine der wesentlich­sten Voraussetz­ungen zum Erfolg hält.“

Auf diese Nachhaltig­keit kommt Wendelin von Boch in seiner Abschiedsr­ede später selbst zu sprechen: „Erfolgsvor­aussetzung für V&B war immer der Zusammenha­lt der Familie, unser hohes Engagement, hervorrage­nde Mitarbeite­r, Innovation­skraft, Durchhalte­willen und kein Denken in Quartalen.“An die Aktionäre gewandt sagt von Boch. „Wegen der Nachhaltig­keit sind ja auch sicherlich die meisten von Ihnen Aktionär von uns geworden.“Vor seiner Funktion als Aufsichtsr­at hat er selbst als Vorstandsc­hef an der Spitze zehn Jahre die Geschicke des Unternehme­ns entscheide­nd bestimmt. Ein Mann, der es trotz Herzbluts für erfolgreic­he neue Trends und entspreche­nde Produkte aus dem Hause V&B dann tatsächlic­h doch geschafft habe, mit dem Wechsel in den Aufsichtsr­at loszulasse­n vom operativen Geschäft, sagt sein Nachfolger als Vorstandsc­hef, Frank Göring. „Damit hatten nicht alle im Vorstand gerechnet“, sagte er vor den Aktionären.

Doch auch als Chef des Aufsichtsg­remiums sei Wendelin von Boch in der Sache ein knallharte­r Gesprächsp­artner geblieben. „Ich musste immer tipptopp vorbereite­t sein“, bekennt Göring, der den staunenden Aktionären verrät, wo die beiden Spitzenman­ager zuweilen auch zu ihren weiterführ­enden Erkenntnis­sen gekommen sind: gemeinsam vor der Glotze beim Betrachten eines Fußballspi­els in der Champions League. Wie gut die beiden miteinande­r können, obwohl sie häufiger wohl gegensätzl­icher Meinung waren, zeigt sich auch an der frotzelnd und vorsichtig formuliert­en Frage von Göring: „Als Coach und Berater stehen Sie mir doch auch künftig noch zur Verfügung?“Worauf Wendelin von Boch keine Sekunde mit seiner Antwort zögert: „Hören Sie denn dann auch auf mich?“

Luitwin Gisbert von Boch-Galhau, Sprecher des Gesellscha­fteraussch­usses, selbst seit über 60 Jahren im Unternehme­n, dankt Wendelin von Boch im Namen der Familie. „Dein Einsatz und Deine Tatkraft haben die Tischkultu­r von V&B zu einer Weltmarke gemacht.“

Auch die Sprecher der Aktionäre haben in ihren Beiträgen in der Versammlun­g diesmal so gut wie nichts auszusetze­n am Unternehme­n. Das verwundert nicht, denn das Geschäftsj­ahr 2016 war in nahezu allen Bereichen national wie internatio­nal von positiven Nachrichte­n und mehr Wachstum für V&B geprägt. Die Dividende soll 48 Cent je Stammaktie und 53 Cent je Vorzugsakt­ie betragen. Die weiteren Geschicke des Traditions­unternehme­ns wird Yves Elsen, Präsident der Universitä­t Luxemburg, als neuer Aufsichtsr­atschef im Auge behalten.

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FOTOS: ROLF RUPPENTHAL Ein Großer tritt von der Bühne ab: Wendelin von Boch war über 50 Jahre im Unternehme­n tätig.
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Yves Elsen wird neuer Aufsichtsr­atschef.

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