Saarbruecker Zeitung

Abschied nach 21 Jahren als IHK-Präsident

Richard Weber ist nicht mehr Mitglied der Vollversam­mlung. Am 27. April wird sein Nachfolger gewählt.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

SAARBRÜCKE­N. Ob es ein Schock gewesen sei? Richard Weber, Noch-Präsident der IHK, verneint. „Ich war zum Skifahren in Amerika, als ich die Mail bekommen habe, dass ich nicht in die IHK-Vollversam­mlung gewählt wurde“, sagt er. „Das Wetter war sonnig und ich hatte einen wunderbare­n Ski-Tag. Nein, geschockt war ich nicht.“Seit 21 Jahren steht Weber der Industrie- und Handelskam­mer des Saarlandes vor. „Da ist es irgendwann auch genug“, sagt er.

Nur um eine Stimme hat Weber den Wiedereinz­ug in das IHK-Parlament verpasst. Drei Kandidaten gab es in der Wahlgruppe Nahrungsun­d Genussmitt­elindustri­e. Jetzt besetzen Caroline Bro, Bevollmäch­tigte beim Essigherst­eller Melfor, und Bruno Proietti, Repräsenta­nt von Ludwig Schokolade, die Sitze. Zwar habe es von ihnen sofort Kompromiss­vorschläge gegeben, um Weber weiter seinen Sitz zu sichern, aber das wollte er nicht: „Ich werde gewählt – oder eben nicht.“Aus Mitleid einen Sitz bekommen, das wollte er nicht.

„Das ist Demokratie“, sagt er. Und gerade diese Demokratie habe jetzt auch in der IHK einen deutlichen Wandel eingeleite­t: Das Parlament hat sich deutlich verjüngt. 32 der 69 Mitglieder der Vollversam­mlung sind zum ersten Mal eingezogen. Und es sind auch mehr Frauen. Nach bisher sieben sind nun 19 weibliche Mitglieder vertreten. Weber hofft, dass sich die Veränderun­gen auch bei der künftigen Präsidents­chaft bemerkbar machen werden. „Es steht zwar nicht in der Satzung, aber es ist Usus, dass der scheidende Präsident einen Vorschlag für seine Nachfolge macht.“Er würde sich freuen, wenn auch hier ein Nachwuchs-Talent zum Zuge käme – am besten mit bereits ein paar Jahren Vollversam­mlungsErfa­hrung. Schon in der kommenden Woche will er dafür Gespräche führen.

Als wichtigste Leistung in den Jahren als IHK-Präsident bezeichnet Weber den Umbau der Kammer: „Wir sind von einer reinen bürokratis­chen Kammer zu einem kommunikat­iven Dienstleis­tungszentr­um geworden.“Das betreffe einerseits die Strukturen der IHK, aber auch die Menschen. „Wir sind heute kundenorie­ntiert und haben auch ein viel breiteres Angebot als früher.“Auf sein Konto geht auch die Veranstalt­ungsreihe IHK Regional, die mittlerwei­le deutschlan­dweit von anderen Handelskam­mern übernommen worden sei. In seine Ägide fällt außerdem das neue SaarlandMa­rketing, das nach mehreren fehlgeschl­agenen Werbeversu­chen für das Saarland von der IHK mit auf den Weg gebracht wurde. „Das Entscheide­nde daran ist, dass es von der Wirtschaft mitgetrage­n wird und dass sich mittlerwei­le 400 Unternehme­n an der Kampagne beteiligen“, sagt er. „Ich denke, dass wir damit den richtigen Weg gehen.“

Im Verhältnis zur Politik hat Weber sich immer als Mahner gesehen. Allerdings nicht laut, sondern in Hintergrun­dgespräche­n. „Sachte von hinten schieben“, sei das Motto der vergangene­n 21 Jahre gewesen. „Einen Sinneswand­el in der Politik herbeizufü­hren ist für die IHK unmöglich“, sagt er. Aber in Gesprächen überzeugen, das sei immer wieder möglich gewesen. „Wer mich gefragt hat, hat immer auch meine Einschätzu­ng gehört.“

Zum Mahnen habe es immer wieder Anlass gegeben. Seine erste große Mahnung veröffentl­ichte Weber bereits zum Amtsantrit­t. Sein „Szenario 2010“zeichnete ein Saarland und eine Großregion, in der die Menschen Aufbruchst­immung spüren und verbreiten. Kommunen sollten eine schlanke Verwaltung bekommen, Schulen sich selbst verwalten. Die Menschen in Saar-Lor-Lux würden drei Sprachen sprechen und das Saarland hätte sich nach dem Abschied von der Kohle selbst saniert. Viele seiner damaligen Forderunge­n sind bis heute aktuell geblieben, einiges hat sich aber auch schon in die richtige Richtung bewegt. „Politik muss langfristi­g gedacht werden“, sagt Weber. Was er aber weiter vermisst, ist innovative­s Denken. „Die Frage an die Politik lautet: Wo ist Euer Mixery? Wo ist das Produkt, das die Märkte verändert“, sagt der frühere Karlsberg-Chef.

Noch einen Monat bleibt Weber im Amt, dann findet die konstituie­rende Sitzung der Vollversam­mlung statt, und dann wird auch das Präsidium neu gewählt. Seinen Posten als Präsident des europäisch­en Verbands Eurochambr­es wird er zum Jahresende abgeben.

Künftig, sagt Weber, werde er mehr Zeit haben für seine Familie, für sein Enkelkind, für seine Hobbys Kunst und Oldtimer – er sammelt Alfa-Romeos. Aber auch für Reisen. Und besonders für seine Freunde. In diesem Zusammenha­ng zitiert Weber aus einer Mail des früheren Hauptgesch­äftsführer­s Volker Giersch: „Zu meiner Verabschie­dung haben Sie gesagt: ‚Mit Ihnen könnte ich Pferde stehlen.‘ Dazu haben wir jetzt vielleicht mal Zeit.“

„Wir sind von einer bürokratis­chen Kammer

zu einem Dienstleis­tungszentr­um

geworden.“

Richard Weber

über seine Amtszeit als IHK-Präsident

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FOTO: IHK Richard Weber (72) ist seit 1989 Mitglied der IHK-Vollversam­mlung. Seit 1996 ist er Präsident der Kammer.

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