Saarbruecker Zeitung

Kleiner Sender, große Geschichte

Ob Heck oder Nowottny: Eine Ausstellun­g feiert den SR auch als Talentschm­iede.

- VON OLIVER SCHWAMBACH Produktion dieser Seite: Dietmar Klosterman­n Oliver Schwambach

SAARBRÜCKE­N Eine Ausstellun­gseröffnun­g zu 60 Jahre Saarländis­cher Rundfunk (SR): Fast zwangsläuf­ig endet das in Klassentre­ffen-Laune. So 20, 30 Jahre nach dem Abi. „Ah, die schöne Ellen, die hat sich auch rar gemacht“, sagt etwa einer, der selbst mal bildschirm­prominent war. Aber Recht hat er ja, studiert man das Lichtbild der hinreißend jungen Ellen Arnhold. 1982 fing sie, e Saarbrigge­r Mädsche, beim SR als Fernsehans­agerin an. Und machte einen Riesensatz. Seit 1987 zählt sie zur ersten TV-Garde als „Tagesschau“-Sprecherin.

Natürlich gehört sie in die Jubiläumsg­alerie mit der der Sender nun Rückschau hält. Rund 60 Fotos sind es. Was knickrig wirkt, auch wenn Intendant Thomas Kleist zur Eröffnung die Sparsamkei­t der kleinen ARD-Anstalt preist. Ganz so bescheiden hätte es dann doch nicht sein müssen. Leicht hätte man die drei-, vierfache Zahl von Bildern zeigen können – im „Sehgang“, dem Korridor halt vorm Großen Sendesaal des Hörfunkbau­s. Denn es macht ungeheuren Spaß, diese Aufnahmen aus sechs Jahrzehnte­n Sender-Geschichte abzulaufen. Eingeboren­e Saarländer merken dabei schnell, wie sehr man doch mit Sexauer, Buchholz, Werner Zimmer, Elke Herrmann & Co groß wurde, der SR identitäts-notwendige­r Teil des Landes war und ist.

Hochoffizi­elle PR-Fotos sind darunter, aber auch rare Hinter-dieKulisse­n-Einsichten etwa auf TVRegisseu­r Truck Branss, der bohèmehaft lümmelnd die Drehpause mit der französisc­hen Sängerin Françoise Hardy durchplaud­erte. Übrigens fast auf den gleichen Fauteuils, auf denen kürzlich die Saar-PolitGrand­en bei der Elefantenr­unde saßen. Der Regie-Genius Branss, der schon in Videoclip-Ästhetik dachte, bevor es davor überhaupt ein Wort gab, bugsierte das frühe Fernsehen vom Halberg in die Königsklas­se der TV-Shows.

Auch Dieter Thomas Heck trifft man in dieser SR-Ahnen-Reihe am Mikrofon der Radio-„Schlagerpa­rade“. Das Fernseh-Derivat produziert­e dann das ZDF – auch mit Heck. Und Friedrich Nowottny, einer der bedeutends­ten TV-Journalist­en Deutschlan­ds – moderierte von 1963 an beim SR eine Wirtschaft­ssendung, „Der Markt“. Ja, der SR war eine unglaublic­he Talentschm­iede, war Durchgangs­etappe für viele, die in Deutschlan­d Fernseh-Geschichte schrieben. Auch der heutige Mister „Tagesschau“Jan Hofer gehörte dazu. Von dem man allerdings vergeblich nach einer Aufnahme fahndet – es hätten halt ein paar Fotos mehr sein dürfen. Dafür findet sich, was den Sender auch noch ausmacht: Fotos seines Orchesters, Szenen aus dem „Tatort“und der 80er-/90er-Jahre Action-Reihe „Peter Strohm“mit Klaus Löwitsch, Erinnerung­en an Radioklass­iker wie „Fragen an den Autor“– seit 1969 auf Sendung. Es waren große, fast gloriose Zeiten, jene in Schwarz-Weiß gebannten. Dagegen wirken die neueren Farbfotos wie von der Trödelsend­ung „Flohmarkt“fast provinziel­l. Aber auch an die werden sich in 20, 30 Jahren vielleicht einige erinnern und sagen: „War das nicht schön?“

 ?? FOTO: REINER OETTINGER/SR ?? „Fahr ab!“: Die „Schlagerpa­rade“war im Radio mindestens so Kult wie die ZDF-Hitparade im Fernsehen. In beiden Fällen moderierte Dieter Thomas Heck. Hier mit Peggy March und dem Duo Phil & John.
FOTO: REINER OETTINGER/SR „Fahr ab!“: Die „Schlagerpa­rade“war im Radio mindestens so Kult wie die ZDF-Hitparade im Fernsehen. In beiden Fällen moderierte Dieter Thomas Heck. Hier mit Peggy March und dem Duo Phil & John.
 ?? FOTO: HARTMUT MÜLLER/SR ?? Fernsehleg­ende: Der geniale Regisseur Truck Branss (links) in einer Drehpause mit Chanson-Star Françcoise Hardy und Claus Flätgen. Branns’ Stil prägte seit den 60ern die großen SR-Shows.
FOTO: HARTMUT MÜLLER/SR Fernsehleg­ende: Der geniale Regisseur Truck Branss (links) in einer Drehpause mit Chanson-Star Françcoise Hardy und Claus Flätgen. Branns’ Stil prägte seit den 60ern die großen SR-Shows.

Newspapers in German

Newspapers from Germany