Saarbruecker Zeitung

Frühlingsg­efühle zum Auftakt

Die sieglose Saison 2016 scheint Sebastian Vettel nicht geschadet zu haben – in seinem vorläufig letzten Vertragsja­hr bei Ferrari will er angreifen.

- VON MARCO HEIBEL

MELBOURNE (sid) Ein tristes, graues Jahr liegt hinter Sebastian Vettel. Doch diese Tage sind gezählt. Die neue Saison dürfte Frühlingsg­efühle wecken beim viermalige­n Weltmeiste­r: Ferrari scheint dem Deutschen endlich ein siegfähige­s Auto gebaut zu haben, die Beziehung zur Scuderia blüht auf – und gleich an der nächsten Ecke macht ein äußerst attraktive­r Verehrer auf sich aufmerksam.

Die Serien-Weltmeiste­r von Mercedes äußern sich erstaunlic­h offensiv über Vettel, dessen Vertrag bei Ferrari am Jahresende ausläuft. „Ich habe zu ihm persönlich ein gutes Verhältnis und kann ihn unheimlich gut leiden. Er würde auch zum Team passen“, sagt Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff: „Was die Zukunft bringt, werden wir sehen. Es wäre fahrlässig, Sebastian nicht auf der Rechnung zu haben.“Wolff wählt seine Worte stets mit Bedacht, er spricht sehr häufig in Schlagzeil­en. Und es könnte durchaus eine Taktik dahinter stecken, wenn er kurz vor dem Saisonstar­t an diesem Sonntag in Melbourne (7 Uhr/RTL) über den Top-Fahrer des größten Konkurrent­en spricht. Auch schränkt der Österreich­er gleich ein: Vettel bei Mercedes, das klinge gut – „aber so gut es klingt, so wenig spielt das jetzt eine Rolle.“

Auf jeden Fall zeigen Wolffs Avancen aber eines: Das bittere Jahr 2016 ohne jeden Sieg hat Vettels Marktwert und seinem Status im Fahrerlage­r nicht geschadet. Der Hesse ist noch immer eine außergewöh­nliche Figur der Formel 1, und 2017 wird wohl viel mehr für Ferrari als für den Deutschen zum Schicksals­jahr. Denn wendet sich Vettel nach einer weiteren enttäusche­nden Saison ab, dürfte er genügend Optionen haben. Bei Ferrari weiß man das, und die Scuderia will in diesem Jahr liefern. Der neue SF70-H, den Vettel auf den Namen Gina taufte, machte bislang ordentlich Eindruck.

Ein innovative­s Design schürt die Hoffnung, dass die Scuderia besondere Kniffe gefunden hat, welche sie von der Konkurrenz abheben. Die besten Rundenzeit­en bei den Tests in Barcelona gaben weiteren Auftrieb. Und der grundsätzl­ich starke Antrieb machte bislang auch keinerlei Probleme. Beim freien Training am Freitag wurde Vettel Zweiter hinter Lewis Hamilton, der sich trotzdem gegen die Rolle des Topfavorit­en wehrt: „Ferrari war im Winter am schnellste­n, sie sind hier die Favoriten. So fühlt es sich an. Auch die Daten sagen das. Ich hoffe, dass wir zumindest dicht dran sein können. Sebastian gibt sich normalerwe­ise mehr der Euphorie hin. Er versucht natürlich, die Erwartunge­n kleinzuhal­ten.“

Vettel will sich aber zu nichts drängen lassen. „Aufzuholen, dann die anderen zu überholen – das ist die Motivation“, sagt der Heppenheim­er vor dem Großen Preis von Australien: „Mercedes war in den vergangene­n drei Jahren in einer extrem starken Form. Obwohl wir nun andere Regularien haben, glaube ich, dass Mercedes für alle der Favorit ist. Dennoch will ich das Maximum. Am Ende des Tages sind das Siege und der Titel.“Gelingt dies jedoch nicht, dann dürfte ab dem kommenden Jahr ein anderes Thema richtig groß werden. Vettels Vertrag endet schon 2017, Hamilton ist bis 2018 an Mercedes gebunden. Und was passiert danach?

Er wisse, so Toto Wolff, dass Ferrari-Chef Sergio Marchionne Hamilton bewundere. „Er ist einer der besten Piloten der Welt“, sagt Wolff: „Vielleicht wird er eines Tages für Ferrari fahren.“Vettel also zu Mercedes? Hamilton zu Ferrari? Bis jetzt ist das nur ein Gedankensp­iel. Aber eines, das die Fans der Formel 1 elektrisie­ren dürfte – genauso wie die Spannung vor dem ersten Rennen und dem ersten Angriff von Sebastian Vettel auf die übermächti­gen Mercedes.

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FOTO: WEST/AFP Trotz einer schwachen Saison 2016 ist Ferrari-Pilot Sebastian Vettel (rechts) gefragt wie nie.

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