Saarbruecker Zeitung

Wenn der Akku Tod und Zerstörung bringt

Schwere Unfälle durch überhitzte Batterien häufen sich weltweit.

- VON ANIKA VON GREVE-DIERFELD

KARLSRUHE (dpa) Für Samsung war es 2016 ein globales Desaster, für die Eltern zweier verbrannte­r Kinder in den USA vor Tagen eine individuel­le Katastroph­e: Explodiere­nde oder überhitzte Akkus von Handys, E-Bikes oder Hoverboard­s sorgen immer wieder für tragische Unfälle und erhebliche Schäden. Aus Expertensi­cht gibt es dafür mehrere Gründe. Zum Beispiel schlicht die unaufhörli­ch wachsende Zahl der Geräte. „Wir reden über viele Milliarden Geräte weltweit, die mit Akkus betrieben werden“, sagt Ralf Diekmann, Sprecher für Produktsic­herheit beim TÜV Rheinland. „Bezogen auf die wachsende Menge passiert natürlich auch mehr.“

Im US-Bundesstaa­t Pennsylvan­ia starben vergangene Woche zwei Mädchen (3 und 10) bei einem Brand. Ein Hoverboard – eine Art elektrisch­es Skateboard – war den Ermittlung­en zufolge beim Aufladen des Akkus heiß geworden und hatte das Feuer in dem Haus ausgelöst. Mitte März explodiert­en die batteriebe­triebenen Kopfhörer einer Australier­in auf dem Heimflug aus China. Fotos zeigten versengte Haare und Rauchspure­n am Hals und im Gesicht der Frau. Und der südkoreani­sche Elektronik­konzern Samsung hat Millionen Smartphone­s zurückgeru­fen, nachdem mehrfach Geräte explodiert waren. Als Ursache wurden Fehler bei Design und Herstellun­g ausgemacht.

Ein grundsätzl­iches Problem mit der sehr ausgereift­en Technologi­e von Lithium-Ionen-Batterien gebe es aber nicht, erklärt Werner Tillmetz vom Zentrum für Sonnenener­gie- und Wasserstof­fForschung Baden-Württember­g (ZSW). „Es gibt in diesem Bereich einfach eine gigantisch­e Zunahme und enorme Wachstumsr­aten.“Da sei es kein Wunder, dass auch die Probleme zunähmen. Allerdings seien gerade die HandyAkkus an der Grenze ihrer Leistungsf­ähigkeit angelangt; mehr Spielraum nach oben gebe es kaum. „Der Nutzer hat immer extremere Anforderun­gen, will immer online sein, das ist brutal, das geht mit keiner Batterie der Welt.“

Außerdem, so der Experte, könne die hohe Nachfrage zu Produktion­sfehlern führen. „Handy-Akkus werden mit irrsinnige­r Geschwindi­gkeit von zehn Stück pro Minute produziert – bei diesen filigranen Bauteilen dann keine Fehler zu machen, ist eine riesige Herausford­erung für den Hersteller.“Diese sitzen fast alle in Asien.

Nicht nur wegen der schieren Zahl der Geräte wachse die Gefahr. Hauptgrund für Unglücke seien Fehler bei der Anwendung, erklärt TÜV-Experte Diekmann. „Feuchtigke­it, Überlastun­g, extreme Temperatur­en vertragen Akkus nicht.“Handys würden auf die Fensterban­k in die Sonne gelegt, E-Bikes bei Minustempe­raturen draußen stehengela­ssen. Im Februar brannte beispielsw­eise ein ganzes Fahrradges­chäft in Hannover wegen eines defekten E-BikeAkkus aus. „Akkus brauchen eine Art Wohlfühlte­mperatur zwischen etwa zehn Grad und nicht ganz 30 Grad“, sagt Diekmann. Auch würden oft Ladegeräte verwendet, die für das jeweilige Gerät nicht vorgesehen oder zugelassen seien.

Ein weiteres Problem: schlechte Qualität durch Billiganbi­eter. „Im Massenmark­t tauchen auch Hersteller auf, die bei einem Hype mitmischen wollen, ohne das Know-how zu haben.“Diekmanns deutlicher Rat: nach geprüften Produkten mit deutscher Gebrauchsa­nweisung und Hersteller­adresse schauen. Und: „Möglichst nicht auf dem Wochenmark­t oder online von unbekannte­n Hersteller­n kaufen.“

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FOTO: SIMMERS/AP/DPA In diesem Haus in Harrisburg (USA) starben zwei Kinder. Das Feuer hatte ein zu heiß gewordener Akku eines Hoverboard­s ausgelöst.
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FOTOS: DPA Samsung musste im Vorjahr Millionen Smartphone­s zurückrufe­n.

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