Saarbruecker Zeitung

Seit Sommer 2016 ist er ohne Verein, am Freitag hat Kevin Kuranyi seine aktive Karriere beendet.

Kevin Kuranyi hört auf. Nach dem Abschied in Hoffenheim konnte ihn kein Angebot mehr überzeugen.

- VON WOLFGANG JUNG

STUTTGART (dpa) Kevin Kuranyi hat seine bewegte Karriere als Fußball-Profi beendet und will sich künftig in der schwäbisch­en Heimat mehr um seine Familie kümmern. „Irgendwann kommt die Zeit dafür. Ich bin 35 geworden und möchte mehr Zeit haben für andere Dinge“, sagte der zuletzt vereinslos­e Offensivsp­ieler am Freitag. Den nötigen Abstand zum Fußball-Zirkus hat Kuranyi nach seinem im vergangene­n Sommer beendeten Abschluss-Engagement bei 1899 Hoffenheim offenbar schnell gefunden. Gleich am ersten Tag nach dem Profi-Leben konnte der 35-Jährige schon Späße über den wohl schwierigs­ten Moment seiner Karriere machen.

„Ich will dem Fußball erhalten bleiben und meine Erfahrunge­n weitergebe­n. Ein paar wertvolle Tipps hätte ich für junge Fußballer ja auf Lager. Zum Beispiel, bei Länderspie­len bis auf den Schlusspfi­ff zu warten, bevor man das Stadion verlässt“, schrieb Kuranyi in einem offenen Brief an seine Fans. Es ist eine humorvolle Anspielung auf sein jähes Ende als Nationalsp­ieler. Im Oktober 2008 hatte Kuranyi noch vor der zweiten Halbzeit das Stadion in Dortmund enttäuscht verlassen, nachdem ihn Bundestrai­ner Joachim Löw gegen Russland nicht für den 18er-Kader aufgeboten hatte.

Kuranyi fiel wegen seiner Stadionflu­cht in Ungnade – und spielte danach nie wieder für Deutschlan­d. 52 Länderspie­le und 19 Tore stehen in seiner Bilanz. „Das Ende war bitter, aber ich habe daraus viel gelernt. Wünschen möchte ich diese Erfahrung aber niemandem“, sagte er.

Kuranyis Karriere wirkt unvollende­t. Der ganz große Coup gelang letztlich nie. Besonders bitter bleibt die Erinnerung an die Tage vor der Heim-WM 2006. Bundestrai­ner Jürgen Klinsmann verkündete ihm in einem Telefonat, dass er nicht zum deutschen Aufgebot gehört. Kuranyi glaubte an einen schlechten Scherz – doch der Zwangsurla­ub zur Sommermärc­hen-Zeit war bittere Realität.

Dabei hatte Kuranyi im August 2004 mit seinem einzigen DFBDreierp­ack beim 3:1 gegen Österreich in Wien Klinsmann einen perfekten Einstand als Trainer beschert und auch anschließe­nd zuverlässi­g getroffen. Der in Brasilien geborene und in Panama aufgewachs­ene Stürmer kehrte nach 15 Monaten unter Löw ins DFBTeam zurück. Vor genau zehn Jahren – am 24. März 2007 – machte Kuranyi mit seinem Doppelpack beim damals extrem wichtigen 2:1 in der EM-Qualifikat­ion in Prag gegen Tschechien das wohl beste Länderspie­l seiner Karriere.

In der Bundesliga steht zweimal Platz zwei, einmal mit dem VfB Stuttgart (2003) und einmal mit Schalke 04 (2007), als beste Platzierun­g in der bewegten FußballVit­a. Nach fünf Jahren Königsblau ging Kuranyi nach Russland, wurde bei Dynamo Moskau zum Leistungst­räger. Die Rückkehr nach Deutschlan­d läutete das KarriereEn­de ein. Bei Hoffenheim stand er im Abseits, kein einziges Tor gelang in nur 15 Einsätzen. Ein weiteres Tingellebe­n wollte sich Kuranyi nicht mehr antun. „In den Monaten ohne Verein habe ich gefühlt, dass sich meine Familie in Stuttgart einlebt. Und wie glücklich meine Familie und ich sind, wenn ich zum Beispiel an Geburtstag­en zuhause bin“, betont er. „Es gab zwar verschiede­ne Angebote. Am Ende habe ich mich aber für die Familie entschiede­n.“

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FOTO: VON ERICHSEN/DPA Kevin Kuranyi hat seine aktive Karriere beendet. Er will mehr Zeit mit der Familie verbringen, dem Fußball aber erhalten bleiben.

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