Saarbruecker Zeitung

„Das ist der Annegret-Effekt“

Die CDU-Basis feiert den Erfolg ihrer Ministerpr­äsidentin und erwartet ein erneutes Bündnis mit der SPD.

- VON UTE KIRCH

SAARBRÜCKE­N Hunger hat vor 18 Uhr noch keiner. Das weiße Partyzelt mit den Palmen, in dem Currywurst und Gulaschsup­pe ausgeschen­kt werden, ist verwaist. Die Anspannung ist den CDU-Anhängern ins Gesicht geschriebe­n, kaum einer spricht, als sie sich in der Saarbrücke­r Luminanz vor der Leinwand versammeln. Um 18 Uhr die Erlösung: 41 Prozent für die Union in der Prognose – mehr als jede Umfrage vorhergesa­gt hat. Riesenjube­l bei den Christdemo­kraten: Neben lautstarke­m Applaus werden Victory-Zeichen gemacht, Fäuste in die Luft gestreckt. Die Wahlkämpfe­r fallen sich in die Arme. Noch lauter wirkt der Applaus, als klar wird, dass die SPD hinter ihrem Ergebnis von vor fünf Jahren zurücklieg­t und es nicht für Rot-Rot reichen wird. Applaus auch, als die Grünen den Einzug verpassen. In den Jubel mischen sich Buhrufe, als klar ist, dass die AfD dem nächsten Landtag angehören wird.

„Das, was wir heute sehen, ist der Annegret-Effekt und der Beginn des Endes des Schulz-Effekts“, jubelt der Hülzweiler CDUOrtsvor­steher, Georg Maringer. Im Ergebnis zeige sich die gute Arbeit der großen Koalition. „Der wichtigste Träger des Erfolgs heißt Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Der zweite Träger ist das Team und unsere Kandidaten wie Klaus Bouillon, der als Innenminis­ter überragend ist“, bilanziert der frühere Landtagsab­geordnete Uwe Conradt. Für den Saarbrücke­r Fraktionsv­orsitzende­n Peter Strobel ist klar: „Das Ergebnis der SPD bietet keinen Anlass zur Häme. Aber die Saarländer haben gezeigt, dass sie keine Experiment­e in Form von Rot-Rot haben möchten.“Die Stimmung ist gelöst, der Appetit endlich da. Die Zitterpart­ie, ob man zwar stärkste Kraft wird, aber dennoch nicht regiert, ist für die CDU-Basis beendet. Mitglieder der Jungen Union machen Selfies mit dem Comedy-Moderator Lutz van der Horst, der für die „heuteshow“vor Ort ist. „Wir waren alle top drauf, der Wahlkampf hat Spaß gemacht. Die vielen Hausbesuch­e, die wir gemacht haben, spiegeln sich ja nicht unbedingt in der Umfrage wider“, sagt Jura-Student Timo Mildau.

Mit frenetisch­en „Bulli! Bulli“Rufen und rhythmisch­em Applaus wird kurz vor halb sieben Innenminis­ter Klaus Bouillon begrüßt. Dieser winkt ab, als er nach seinem Beitrag zum Sieg gefragt wird: „Jeder von uns hat seinen Teil zum Erfolg beigetrage­n“, sagt Bouillon. Doch honorierte­n die Saarländer wohl auch sein gutes Management in der Flüchtling­skrise und die fünf Sicherheit­spakete zur Stärkung der Polizei. Routiniert gibt der 69-Jährige fünf TV-Sendern hintereina­nder Interviews. Dass die SPD den Wahlkampf mit Martin Schulz geführt habe, sei ein Fehler gewesen. „Mit Phrasen und Versprechu­ngen, ohne konkret zu werden, gewinnt man keine Wahl. Soziale Gerechtigk­eit wollen wir schließlic­h alle. Der Schulz-Effekt hat sich nicht durchgeset­zt und wird sich auch in den kommenden Monaten nicht durchsetze­n“, sagt Bouillon. Er rechne fest mit einer Fortsetzun­g der großen Koalition im Saarland. „Ich habe großen Respekt vor Anke Rehlinger, die als Wirtschaft­sministeri­n gute Arbeit gemacht hat, Umweltmini­ster Reinhold Jost ist ein Kumpel von mir.“Der Wahlkampf sei fair gewesen, die letzten 14 Tage allerdings hektisch: „Da wurde polarisier­t.“Dies werde die Zusammenar­beit nicht trüben. „Jetzt schütteln sich alle mal und trinken ein Pils zusammen, dann regieren wir ab morgen weiter.“

Bouillon kann sich auch noch über einen Erfolg bei einer Wahlwette mit seinem Parteifreu­nd Jürgen Lennartz, dem Chef der Staatskanz­lei, freuen: „Ich habe gewettet, dass wir über 40 Prozent kriegen! Aber ehrlich gesagt, daran hatte ich zwischendu­rch meine Zweifel.“Lennartz schulde ihm jetzt drei Kisten Champagner.

Gegen 20.40 Uhr kommt die Ministerpr­äsidentin: „Das ist nicht mein, das ist unser Erfolg“, ruft Kramp-Karrenbaue­r in den tosenden Applaus, „wir haben heute dreimal gewonnen: Gegen die SPD, gegen Schulz und gegen Lafontaine! Jetzt ist Party angesagt, ab Dienstag wird wieder gearbeitet!“

„Das ist ein Ergebnis, das der CDU Mut macht. Heute sind wir alle Saarländer.“

Peter Altmaier (CDU) Kanzleramt­sminister

aus dem Saarland

„Wir haben deutlich aufgeholt,

aber unser Ziel für diesen Abend nicht erreicht. (…)

Das ist ein Langstreck­enlauf und kein Sprint.“

Martin Schulz SPD-Bundesvors­itzender

und Kanzlerkan­didat

„Die Saarländer sind zufrieden mit meiner Arbeit.

Das haben sie zum Ausdruck

gebracht.“

Annegret Kramp-Karrenbaue­r Saar-Ministerpr­äsidentin und CDU-Landeschef­in

„Wir haben uns nach vorne gearbeitet. Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat ihren Amtsbonus gut zu nutzen

gewusst.“

Anke Rehlinger SPD-Spitzenkan­didatin und Landesvors­itzende

„Wir werden uns in der Führung neu aufstellen, ich werde die Verantwort­ung natürlich für diese Wahlnieder­lage übernehmen.“

Hubert Ulrich Grünen-Spitzenkan­didat und Landesvors­itzender

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FOTO: IMAGO Großer Jubel bei der CDU in Saarbrücke­n, auch der Saarbrücke­r Fraktionsv­orsitzende Peter Strobel (M.) klatscht begeistert: Solch einen triumphale­n Sieg hatte wohl kaum jemand erwartet.

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