Saarbruecker Zeitung

Gewerkscha­ft gegen frühes Kohle-Aus

IG-BCE-Chef Vassiliadi­s fordert einen längeren Bestandssc­hutz für die Braunkohle­kraftwerke.

-

HANNOVER (dpa) Der Chef der Gewerkscha­ft IG BCE, Michael Vassiliadi­s, hat sich entschiede­n gegen einen zu raschen Kohleausst­ieg ausgesproc­hen. Die Debatte über ein baldiges Aus für Braunkohle­kraftwerke sei „absurd“, sagte der Vorsitzend­e der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Ihre Genehmigun­gen liefen in der zweiten Hälfte der 2040er Jahre aus. Das sei ein „realistisc­hes Datum“für einen Ausstieg.

„Das Land steckt mitten in einer Energiewen­de. Uns ist wichtig, dass sie sozial ausgewogen und sowohl wirtschaft­lich als auch technologi­sch vernünftig ist“, sagte der Gewerkscha­ftschef. Deutschlan­d wolle aus der CO2neutral­en Kernkraft aussteigen und setze sich gleichzeit­ig die härtesten politische­n Ziele beim Klimaschut­z. „Diese beiden Ziele widersprec­hen sich.“Vassiliadi­s kritisiert­e: „Wir müssen aufhören mit dem Malen ideologisc­her Bilder. Wir müssen die Kraft haben, rational auf die verschiede­nen Ziele zu schauen, und uns realistisc­here Zeiträume zu deren Erreichung setzen.“Bei den Grünen gebe es völlig unterschie­dliche Vorstellun­gen über einen Kohleausst­ieg. Der „ideologisc­h“denkende Teil der Partei fordere einen Ausstieg bereits bis 2025, die Grünen aus dem Kohleland NRW erst 2037. „Die Debatte ist skurril.“

Im Klimaschut­zplan der schwarz-roten Bundesregi­erung bis 2050 finden sich noch keine konkreten Pläne für einen KohleAbsch­ied. In Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, sowie in Mittel- und Ostdeutsch­land hängen Tausende Jobs am Braunkohle-Tagebau. Der Bund will 2018 eine beim Wirtschaft­sministeri­um angesiedel­te Kommission einsetzen, die sich mit dem Thema befasst. Umweltverb­ände wie der WWF verlangen ein schnelles Ende zumindest für besonders alte und schmutzige Braunkohle­meiler schon in zwei Jahren und bis 2035 den kompletten Ausstieg aus der Stromerzeu­gung aus Braun- und Steinkohle.

Ein unterschät­ztes Thema in der Energiepol­itik blieben zudem die wachsenden Blackout-Gefahren. „Am 24. Januar waren wir kurz davor“, sagte Vassiliadi­s. An jenem Tag galt die Lage im deutschen Stromnetz wegen einer „Dunkelflau­te“aus wenig Wind und Sonne als kritisch. Das könne empfindlic­he Folgen für Wirtschaft und Privat-Verbrauche­r haben. Allgemein werde die Bedrohung unterschät­zt – ebenso wie steigende Risiken durch Hacker.

Die Beschäftig­ten in der Energiewir­tschaft würden auch von neuen Arbeitszei­tmodellen herausgefo­rdert. Flexibilit­ät sei wichtig – aber neue Modelle müssten „konditioni­ert“werden. Dabei sei eine verbessert­e Erfassung der tatsächlic­hen Arbeitszei­t erste Voraussetz­ung. Die Vorstellun­g reiner Arbeit auf Abruf sei „absurd“. Es müsse vor allem eine bessere Verteilung von Arbeitszei­t geben – auch zwischen Heim- und Büroarbeit bei Angestellt­en.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Die deutschen Braunkohle­kraftwerke sollen laut IG BCE bis 2040 weiterlauf­en.
FOTO: IMAGO Die deutschen Braunkohle­kraftwerke sollen laut IG BCE bis 2040 weiterlauf­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany