Saarbruecker Zeitung

Theoretisc­h spielen sie auch Tischtenni­s

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Wenn am Staden vier junge Leute Tischtenni­s mit Büchern spielen, dann sind das aktive Mitglieder des unkonventi­onellen Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­ns. Allerdings wird dabei nicht nur Tischtenni­s gespielt, denn wer ausscheide­t, muss den übrigen Mitspieler­n aus seinem Buch auch tatsächlic­h vorlesen. Das „theoretisc­he Tischtenni­s“gehört seit der Gründung des Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­ns im Jahr 2010 zur Vereinstät­igkeit dazu. „In der Anfangszei­t haben wir viele kleine Kunstaktio­nen gemacht, auch Ausstellun­gen in Leerstände­n. Seit dem Jahr 2014 machen wir drei bis vier größere Aktionen im Jahr, die dann meistens im öffentlich­en Raum stattfinde­n“, erzählt Martina Wegener, Gründungsm­itglied des Vereins. Martina Wegener ist Absolventi­n der Hochschule der Bildenden Künste Saar, HBK. Von dorther kennt sie auch die anderen Aktiven, Andreas Golczewski, der nach seinem Studium an der HBK Saar heute in Homburg als Kunstlehre­r arbeitet, sowie die beiden Studentinn­en Hannah Mevis und Myriam Kind. Zusammen hat man gerade erst einen „Klangspazi­ergang“gemacht, bei dem sich über 30 Teilnehmer kleine Metallplat­ten an die Schuhe geklebt hatten und damit einen geräuschvo­llen Spaziergan­g durch die Innenstadt unternomme­n haben. Während man in den Anfangsjah­ren meistens außergewöh­nliche Ausstellun­gen in Leerstände­n oder dem Parkwärter­häuschen auf dem Saartoto-Parkplatz präsentier­te, liegt heute der Fokus der Kunstaktio­nen auf dem Öffentlich­en Raum. Darunter war auch die Serie „In, um und in der Saar“. Für diese Aktionen temporärer Kunst erhielt der Verein sogar einen Zuschuss von der Stadt Saarbrücke­n. Mit dem Geld konnte man den italienisc­hen Klangkünst­ler Davide Tidoni zu einem Workshop einladen. Und von ihm stammt auch die „Jahresgabe“des Vereins, ein kleines Stück Kunst für die Vereinsmit­glieder, bestehend aus zwei nummeriert­en Metallplat­ten und einem bunten Klebstreif­en, die für den Klangspazi­ergang benutzt wurden. „Ich habe bei der Materialbe­schaffung und der Umsetzung der Aktion zum ersten Mal für den Verein mitgearbei­tet“, erklärt Hannah Mevis, Studentin im 10. Semester der HBK. Sie ist mit Myriam Kind eine der beiden neuen Aktiven des Vereins. „Ich kannte den Verein und die Mitglieder über die HBK schon länger. Aber der Entschluss, mich hier ehrenamtli­ch zu engagieren, kam erst, als ich auf einer Reise war. Da dachte ich, wenn was in Sachen Kunst passieren soll, dann muss ich dafür was machen. Seither arbeite ich mit“.

Und für Myriam Kind war es ausschlagg­ebend, dass man mit dem Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­n aktiv Kunstaktio­nen auf die Beine stellen kann. „Wir stellen uns nicht gegenseiti­g aus, sondern nur Künstler von außerhalb des Saarlandes“, erklärt Andreas Golczewski. Und das ist ziemlich clever, denn damit unterbinde­t man jede Konkurrenz untereinan­der. Dass der Kunstverei­n längst auch außerhalb des Saarlandes wahrgenomm­en wird, zeigt seine Nominierun­g für den ADKV-Art Cologne Preis 2017 für Kunstverei­ne. Ende April wird dieser Preis verliehen, aber allzu große Hoffnungen macht man sich nicht. „Die anderen Vereine, die nominiert sind, haben Budgets im sechsstell­igen Bereich, da können wir nicht mithalten. Da ist die Nominierun­g schon der Erfolg“, sagt Martina Wegener lachend. Und statt sich darüber weiter den Kopf zu zerbrechen, organisier­t man lieber die nächsten Projekte.

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FOTO: RICH SERRA Platten-Kunst: Gespielt wird mit Büchern. Wer verliert, liest.

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