Saarbruecker Zeitung

Tod auf dem Schiff

Im Februar verschwand eine Frau auf einer Kreuzfahrt. Ihr Mann soll sie umgebracht haben. Doch der Fall bleibt rätselhaft.

- VON ANNETTE REUTHER Oberstaats­anwalt

ROM/RIMINI (dpa) Es ist ein Kriminalfa­ll ohne Leiche, ein Rätsel mit vielen Spekulatio­nen. Hinter den dicken Mauern des berühmt-berüchtigt­en römischen Gefängniss­es Regina Coeli sitzt seit mehr als einem Monat ein Mann aus Eberswalde in Brandenbur­g. Der Vorwurf: Er soll im Februar auf einer Kreuzfahrt seine Frau umgebracht und sich der Leiche entledigt haben. Doch viel mehr als die Tatsache, dass er in dem Gefängnis am Tiberufer ist, ist nicht gesichert.

Der Mann ging mit seiner chinesisch­en Frau und den beiden kleinen Kindern am 9. Februar an

„Ich halte es für sehr unwahrsche­inlich, dass es sich um die vermisste

Frau handelt.“

Paolo Giovagnoli Bord der „MSC Magnifica“– ein Kreuzfahrt­schiff mit Tennisplat­z, Minigolf, Bowling, Gourmet-Restaurant­s und Jogging-Pfad. Das letzte Mal soll die Frau am 10. Februar in Genua gesehen worden sein. Zehn Tage später legt das Schiff nach einer Fahrt auf dem Mittelmeer in Civitavecc­hia an, knapp zwei Stunden nordwestli­ch von Rom. Doch die Frau ist nicht mehr an Bord. Der Mann wird wenig später am Flughafen in Rom festgenomm­en und in Untersuchu­ngshaft gesteckt. Grund: Fluchtgefa­hr. Er befand sich wohl auf dem Rückweg nach Irland, wo die Familie zuletzt lebte.

Seit Wochen ranken sich Spekulatio­nen um den Fall. Die italienisc­he TV-Krimi-Sendung „Chi L’ha visto?“(Wer hat es gesehen) simulierte sogar einen möglichen Tatablauf, wonach der Mann seine Frau ermordet, dann in einen Koffer gesteckt und über Bord geworfen haben könnte. „Das sind journalist­ische Hypothesen, keine Ermittlung­sergebniss­e“, sagte der Anwalt des Deutschen, Luigi Conti. Sein Mandant weist jede Schuld von sich. Seine Version: Die Frau ging in Griechenla­nd absichtlic­h von Bord, weil sie keine Lust auf die Reise mehr gehabt habe. Sie habe das schon öfter gemacht, daher habe es keinen Grund zur Sorge gegeben.

Doch dies wirft noch mehr Fragen auf: Warum fehlt bis heute jede Spur von der Frau? Warum meldet sich die Mutter zweier Kinder nicht bei den Behörden? Die Theorie, dass in der Familie etwas nicht stimmte, stützten Zeugen, die in italienisc­hen Medien erzählen, dass die Kinder verwahrlos­t ausgesehen hätten und sich das Paar gestritten habe. Und warum meldete der Mann selbst seine Frau nicht als vermisst? „Er hatte bisher keine Zeit“, so sein Anwalt. Auch er hält es jedoch für möglich, dass sein Mandant wegen Mordes angeklagt wird. Die Staatsanwa­ltschaft in Rom gibt sich bedeckt zu dem Fall.

Am Wochenende bekam der Krimi scheinbar eine neue Wendung. In Rimini wird ein Koffer mit der Leiche einer asiatische­n Frau aus dem Hafen gefischt. Doch auch diese Spur zerschlägt sich schnell. „Ich halte es für sehr unwahrsche­inlich, dass es sich um die vermisste Frau handelt“, sagte Oberstaats­anwalt Paolo Giovagnoli. Aber es werde in jede Richtung ermittelt, und man stehe auch mit den Behörden im Kontakt. Rimini liegt jedoch genau auf der anderen Seite Italiens, rund 1200 Kilometer entfernt von dort, wo der Kreuzer im Meer unterwegs war. Und der Koffer wurde im Hafen von Rimini gefunden, zwischen zahlreiche­n Schiffen. „Sehr schwer, dass aus dem offenen Meer ein Koffer dahinein gelangt“, sagt Giovagnoli. Aus der Hoffnung auf eine schnelle Aufklärung des Falls ist somit nichts geworden. Eine Obduktion der Kofferleic­he ergab, dass die Frau aus Erschöpfun­g gestorben ist. Auch dieser Fall ist rätselhaft.

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FOTO: DPA Das Kreuzfahrt­schiff „MSC Magnifica“im Hafen von Hamburg: Hat darauf ein Deutscher seine chinesisch­e Frau umgebracht?

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