SPD will noch vor der Wahl „Ehe für alle“
Den Ruf nach Gleichstellung homosexueller Paare wertet die Union als reines Wahlkampf-Manöver. Auch die Bischöfe lehnen den Vorstoß strikt ab.
BERLIN (kna/afp) Die Zeit für gemeinsame Vorhaben der schwarzroten Bundesregierung wird langsam knapp. Doch nun drängt die SPD darauf, noch vor der Bundestagswahl die „Ehe für alle“durchzusetzen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss gestern die Bundestagsfraktion. Heute Abend soll sich der Koalitionsausschuss mit dem Thema befassen. Er hoffe, CDU und CSU würden „endlich über ihren Schatten“springen, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Bei der Ehe dürfe es nicht auf die Geschlechtszugehörigkeit ankommen, sondern allein darauf, ob die Partner sich dauerhaft binden und füreinander Verantwortung übernehmen wollten. Fraktionsvize Eva Högl betonte, die SPD wolle endlich die volle rechtliche Gleichstellung. Damit hätten auch verheiratete Homosexuelle das volle Adoptionsrecht.
Dass die Union den Plänen wenige Monate vor der Bundestagswahl zustimmt, ist allerdings mit Blick auf konservative Wähler unwahrscheinlich. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte klar, der Vorstoß der Sozialdemokraten sei zum jetzigen Zeitpunkt „nur der Versuch, Wahlkampf zu machen“. Die Ehe bestehe „aus Mann und Frau“, so Kauder. „Davon geht auch das Grundgesetz aus.“CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte, eine Ehe zwischen Mann und Frau sei für ihre Partei zwar „gleichwertig“mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Sie sei aber nun mal „nicht dasselbe“.
Dagegen sagte der Stuttgarter CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann, in der Unionsfraktion gebe es etwa 50 Leute, die bei Gleichstellungsthemen offen seien. Ein Teil seiner Fraktion sei allerdings „noch nicht ganz so weit wie die Bevölkerung“, so Kaufmann. Die Grünen fordern derweil, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Der Abgeordnete Volker Beck erklärte, in Bundestag, Bundesrat und Bevölkerung gebe es breite Zustimmung für eine Gleichstellung. „Nur die Ewiggestrigen der Union sperren sich gegen gleiche Rechte für gleiche Liebe“, sagte Beck.
Die katholischen Bischöfe wandten sich unmissverständlich gegen den SPD-Vorstoß. Man teile die verfassungsrechtlichen Bedenken, die gegen die gesetzliche Einführung einer „Ehe für alle“vorgetragen würden, sagte Erzbischof Heiner Koch, der die Kommission für Ehe und Familie der Bischofskonferenz leitet. Aus Sicht der Bischöfe bestehe ein klarer Unterschied zwischen eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehe, fügte er hinzu. „Anders als die Ehe kann die eingetragene Lebenspartnerschaft aus sich heraus keine Kinder hervorbringen.“
„Ich hoffe, die Union springt endlich über ihren Schatten.“
Thomas Oppermann Chef der SPD-Fraktion im Bundestag