Saarbruecker Zeitung

Gesucht: Einer, der so sein soll wie Milton

Dirigent Nicholas Milton verlässt das Saarbrücke­r Theater. Neu-Intendant Bodo Busse macht die Nachfolger-Suche zur Chefsache.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

SAARBRÜCKE­N Es wird dann doch kein halbwegs fließender Übergang, sondern ein Einschnitt, und zwar ein merklicher. Verlässt Intendanti­n Dagmar Schlingman­n Ende dieser Saison das Saarbrücke­r Theater, muss Nachfolger Bodo Busse nun doch mit nahezu komplett neuer Leitungscr­ew starten. Allein Choreograp­h Stijn Celis, der bis 2021 unterschri­eben hat (wir berichtete­n), steht dann noch für künstleris­che Kontinuitä­t in der Chefetage. Aus „familiären Gründen“, ließ Dirigent Nicholas Milton gestern mitteilen, werde er seinen Vertrag als Generalmus­ikdirektor (GMD) des Staatsorch­esters nicht verlängern. Mehr wollte er dazu nicht sagen.

Sicher aber war es, das hört man, kein ad-hoc-Entschluss. Obwohl es dann doch überrasche­nd kam. Selbst Bodo Busse, von Sommer an Intendant des Staatsthea­ters, erfuhr erst vor wenigen Tagen davon. „Ich hätte gerne mit Nicholas Milton weitergear­beitet!“, betont Busse. Und setzt nochmal ein Ausrufezei­chen hintendran.

Nun aber ist klar: Der australisc­he Dirigent erfüllt seinen Vierjahres-Vertrag. Bis Ende der Saison 2017/2018 bleibt Milton, Jahrgang 1967, der Saarbrücke­r Bühne erhalten. Aber dann geht er. Wohin? Mit welchen Zielen? Bislang unbeantwor­tete Fragen. Festzuhalt­en ist: Milton, der 2014 mit enormem Enthusiasm­us loslegte, hatte sich fix akklimatis­iert, wurde zum Publikums-Darling. Da war auch eine 180-Grad-Wende am Pult des Staatsorch­esters zu beobachten. Miltons flüchtigen Vorgänger, Toshiyuki Kamioka, hielt es nämlich selten nach Konzerten oder Operndirig­aten in Saarbrücke­n. „Nick“Milton hingegen ist stets auch der beste Conférenci­er seiner Konzerte und ein hier präsenter Orchesterc­hef. Der zudem auch einiges neu machte. Nach Anregungen seiner Musiker führte er die „Wunschkonz­erte“ein – ein Publikumsr­enner. Und gemeinsam mit Orchesterm­anager Stefan Eschelbach initiierte er die Reihe „Inspiratio­n“in der Feuerwache, man widmete sich intensiv zudem zeitgenöss­ischen Komponiste­n; Jörg Widmann und Christian Lindberg beispielsw­eise. Diese Zugewandth­eit kam an – im Orchester wie beim Publikum. Mit Milton stieg auch die Konzertaus­lastung wieder. Nicht in den Himmel, aber erkennbar.

Keine Frage: Der aktuelle GMD wäre der Mann gewesen, der im kommenden Sturm der Veränderun­gen an der Saarbrücke­r Bühne Anker hätte sein können. Demnächst-Intendant Busse kalkuliert­e jedenfalls fest mit ihm: „Wir hatten auch über Spielzeite­n nach 2018 gesprochen, gemeinsam Pläne gemacht.“Doch Busse respektier­t natürlich die Entscheidu­ng: „Man ist ja nicht nur GMD, es gibt auch ein Privatlebe­n.“

Noch ist Miltons Entschluss zu frisch, als dass man die offizielle Suche nach einem Nachfolger eingeläute­t hätte, heißt es aus dem Kulturmini­sterium. Für Busse aber, selbst ausgewiese­ner Musiktheat­ermann, hat „die neue Baustelle höchste Priorität. Das wird jetzt Chefsache.“Bis Anfang kommenden Jahres möchte er Klarheit haben, wer künftig an der Spitze des Orchesters steht. Sicher sei jedoch, dass es beim klassische­n GMD-Zuschnitt bleibt. Von Spar-Modellen anderer Häuser, die ohne einen echten Orchesterc­hef operieren, hält Busse nichts: „Ein Klangkörpe­r wie das Staatsorch­ester braucht eine Integratio­nsfigur.“Womit aus seiner Sicht auch schon das Anforderun­gsprofil für die oder den Nächsten benannt ist. Im Grunde einer wie Milton, der musikalisc­h überzeugt, Programm, Besetzunge­n und Personal im Blick hat – und auch noch fürs Publikum da ist. Nur, dass „Nick“es leider nicht mehr machen wird.

„Ich hätte gerne mit

Nicholas Milton weitergear­beitet!“

Bodo Busse

Künftiger Intendant des Saarländis­chen Staatsthea­ters

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FOTO: STAGE PICTURE Dirigent Nicholas Milton bleibt nur noch eine Saison am Saarländis­chen Staatsthea­ter. „Aus familiären Gründen“verlängert der Australier seinen Vertrag nicht.

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