Deutschland soll die EU zusammenhalten
Bundespräsident Steinmeier hat in Straßburg eine flammende Rede für Europa gehalten. Diplomatische Zurückhaltung übte er dabei nicht.
STRASSBURG (dpa/afp) Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat der neue Bundespräsident vor dem EU-Parlament für den Zusammenhalt der Europäer nach dem Brexit geworben. Frank-Walter Steinmeier hob dabei auch Deutschlands Verantwortung für die Zukunft der EU hervor. „Wir Deutsche wollen die Europäische Union zusammenhalten“, betonte er gestern in Straßburg. Gemeinsam mit den großen und kleinen Partnern wolle die Bundesrepublik die europäische Zukunft gestalten.
Der Bundespräsident warnte dabei vor nationalen Alleingängen: „Wenn wir Europa nicht zum vollwertigen Mitspieler auf der Weltbühne machen, dann werden wir alle einzeln zum Spielball anderer Mächte“, sagte Steinmeier in seiner ersten großen Rede im Ausland. Zugleich ging er mit Großbritannien hart ins Gericht. Die Entscheidung für den Austritt aus der EU sei nicht nur bitter, sondern auch gefährlich, sagte der Bundespräsident. Es sei falsch zu sagen, ein europäisches Land könne heutzutage „allein und ohne die EU seine Stimme hörbar machen oder seine wirtschaftlichen Interessen besser durchsetzen“. Der Brexit 60 Jahre nach Gründung der Gemeinschaft dürfe nicht das Ende des europäischen Traums sein. Dieses Erbe sei „kostbar“und müsse von der heutigen Generation gepflegt und verbessert werden, betonte er.
In Europa hätten sich zuletzt Gräben aufgetan, sagte der Bundespräsident. Sich in die „nationale Schmollecke“zurückzuziehen, sei aber keine Lösung. Steinmeier warnte vor populistischen Kräften, die „immer mit den ganz einfachen Antworten zur Stelle sind“. Er nannte es unverantwortlich, den Menschen vorzugaukeln, Gefahren wie Terrorismus oder Klimawandel mit Mauern und Schlagbäumen bannen zu können. Aus Steinmeiers Sicht greift „neue Faszination des Autoritären“um sich – nicht nur weit westlich und östlich der EU-Grenzen, sondern auch mitten in Europa. Deshalb richtete der Präsident kritische Worte an die Regierung in Ungarn wegen der drohenden Schließung einer internationalen Universität in Budapest.