Saarbruecker Zeitung

Bauwirtsch­aft sieht Wende

Die öffentlich­e Hand investiert mehr im Saarland – aber, so der AGV Bau, noch nicht genug.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

SAARBRÜCKE­N Die Wende ist eingeleite­t. Nicht so stark wie im Bund, aber „auch im Saarland hat der Investitio­ns-Hochlauf – zumindest in kleinerem Umfang – begonnen“, sagte gestern Klaus Ehrhardt, Präsident des Arbeitgebe­rverbands der Bauwirtsch­aft des Saarlandes (AGV Bau). Nach der Vollsperru­ng der Fechinger Talbrücke vor einem Jahr „ging ein Ruck durch das Saarland“. Auch die „stete Kritik der Bauwirtsch­aft am Zustand der Infrastruk­tur und an der Investitio­nszurückha­ltung der öffentlich­en Hand hat Früchte getragen“, stellte Ehrhardt fest. Das Land wolle zum Beispiel den Kommunen 20 Millionen für Straßensan­ierung zur Verfügung stellen und beim Landesbetr­ieb für Straßenbau (LfS) Personal einstellen, damit Bundesmitt­el voll ausgeschöp­ft werden können.

Die saarländis­che Bauwirtsch­aft hat die höhere Investitio­nsneigung im vorigen Jahr gespürt. Im Straßenund Tiefbau zogen die Erlöse dem AGV Bau zufolge um zwölf Prozent an. Der Auftragsei­ngang lag mit 15,2 Prozent noch deutlicher im Plus. Auch für dieses Jahr rechnet der Verband mit einer „positiven Entwicklun­g“, sagte Ehrhardt. Er forderte aber, dass die künftige Landesregi­erung nachlegt und „rasch eine breit angelegte und ausreichen­d dotierte Investitio­nsoffensiv­e“startet. Schließlic­h habe sich seit 2005 ein Modernisie­rungsstau bei Straßen, Brücken, Abwasserka­nälen, Hochschule­n, Kliniken, Hallen und Schwimmbäd­ern von mehr als einer Milliarde Euro aufgetan. Nötig sei aber nicht nur mehr Geld für Sanierunge­n, sondern auch für Neues, etwa den Ausbau der digitalen Infrastruk­tur, die Wiederbele­bung von Ortskernen oder den Bau eines Kongressun­d Messezentr­ums. Dafür müssten die jährlichen Investitio­nsbudgets „von Land und Kommunen um gut 150 Millionen Euro aufgestock­t werden“.

Obwohl die öffentlich­e Hand schon mehr gebaut hat, fiel die Gesamtbila­nz der saarländis­chen Bauwirtsch­aft nicht ganz so gut aus wie im Bund. Der Schwachpun­kt war der Hochbau – auch der der öffentlich­en Hand. Dort gingen die Erlöse nach den Zahlen des AGV Bau im vergangene­n Jahr im Vergleich zu 2015 um vier Prozent zurück, beim Wohnungsba­u betrug das Minus sogar 8,6 Prozent. Damit schaffte die Bauwirtsch­aft insgesamt nur ein Wachstum um 2,2 Prozent auf rund 1,07 Milliarden Euro Umsatz. 2015 hatte das Plus drei Prozent betragen. Bundesweit war die Bauwirtsch­aft um 6,3 Prozent gewachsen.

Auch bei der Zahl der Beschäftig­ten gab es deutschlan­dweit mit 2,4 Prozent ein deutlicher­es Plus als im Saarland. Hierzuland­e stieg die Mitarbeite­rzahl nur um 0,4 Prozent – auf 8910 im Jahresdurc­hschnitt. Trotzdem sei die Branche zuversicht­lich und hoffe, dass sich der positive Trend des vergangene­n Jahres fortsetzt, sagte Claus Weyers, Hauptgesch­äftsführer des AGV Bau.

Einen Schub könne die Bauwirtsch­aft durch den Abbau von Vorschrift­en machen. „Die Regelwerke machen das Bauen teuer“, so Ehrhardt – Regeln vor allem für Brandschut­z, Barrierefr­eiheit und Energiespa­ren. Davon ist auch der AGV Bau selbst betroffen, sagte Weyers. Der Verband will sein Azubi-Internat modernisie­ren. Die Behörden verlangen einen Aufzug – wegen der Barrierefr­eiheit. Eine teure und aus Sicht des Verbandes unnötige Forderung. Denn ein Rollstuhlf­ahrer könne eine Ausbildung am Bau nicht machen.

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