Saarbruecker Zeitung

Wo stehen künftig überall Hallen und Bäder?

Kommunalpo­litiker fordern einen Plan, wo das Land in Zukunft in die Infrastruk­tur investiere­n soll. Ein heißes Eisen.

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N Die Diskussion um einen Förderbesc­heid von Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) für den Neubau einer Großsporth­alle in seiner Heimatstad­t St. Wendel hat die Diskussion über die Infrastruk­tur im Saarland neu entfacht. Führende Kommunalpo­litiker wie Städtetags-Präsident Jürgen Fried und der Saarlouise­r Landrat Patrik Lauer (beide SPD) fordern, dass das Land in einem Landesentw­icklungspl­an (LEP) Infrastruk­tur festlegt, wo es zum Beispiel große Hallen oder Schwimmbäd­er geben soll. Bei den Bädern hat Bouillon allerdings vor der Landtagswa­hl zu verstehen gegeben, dass dies allein Sache der Kommunen sei. Mit dem gleichen Argument lehnen die CDU-Bürgermeis­ter im Land auch einen landesweit­en Plan für Sporthalle­n ab. Die Forderung der Kommunalpo­litiker dürfte jedoch in den Koalitions­verhandlun­gen von CDU und SPD eine Rolle spielen.

Ein solcher LEP Infrastruk­tur wäre, würde er angepackt, ein heißes Eisen: Wer festlegt, was das Land künftig wo fördert, sagt im Umkehrschl­uss auch, wofür es kein Geld mehr gibt. Zwar betont die Saarbrücke­r Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) immer wieder, es dürfe keine Verteilung­skämpfe zwischen den Saar-Kommunen geben, weil man nicht untereinan­der im Wettbewerb stehe, sondern mit Rhein-Main, Metz, Trier oder Luxemburg. Aber gerade im ländlichen Raum gibt es Klagen darüber, dass angeblich zu viel Geld nach Saarbrücke­n fließt.

Der LEP Infrastruk­tur soll nach der Vorstellun­g seiner Befürworte­r die Basis für die Entscheidu­ng sein, wohin diese Zuschüsse des Landes („Bedarfszuw­eisungen“) künftig fließen. Bislang fließen sie nach Bedarf, über den das Innenminis­terium entscheide­t. Der Saarlouise­r Landrat Lauer spricht von einer Art „Spielgeld“, das der Innenminis­ter „intranspar­ent und damit teils beliebig“verteilen könne.

Das wiederum will die CDU nicht gelten lassen. Der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwal­d sagte, Bouillon sei ein fairer Sachwalter kommunaler Interessen im ganzen Saarland und habe in allen Regionen, auch in Saarbrücke­n und Saarlouis und unabhängig von Parteifarb­en, mit erhebliche­n Mitteln die Infrastruk­tur gefördert. Das sei weder beliebig noch intranspar­ent. Recktenwal­d: „Wir hinterfrag­en auch nicht die Millionen, die der Minister in anderen Landkreise­n zur Förderung der Infrastruk­tur zur Verfügung stellt.“Die Notwendigk­eit der neuen Halle verteidigt Recktenwal­d: St. Wendel als überregion­al anerkannte Sportstadt brauche die Halle für hochkaräti­ge Sportveran­staltungen, aber auch für Vereine und Schulen; sie sei eine „unverzicht­bare Leit-Investitio­n und kein Luxus, schon gar kein Monster“. Von einer „Monsterhal­le“hatte die Saarbrücke­r SPD gesprochen.

Der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Markus Tressel beklagte, während der Botanische Garten an der Saar-Uni wegen weniger hunderttau­send Euro geschlosse­n werden musste, verteile der Innenminis­ter Millionen für Eventsport­hallen mit zweifelhaf­tem Nutzen. Dem Saarland drohten

Markus Tressel

mit der großen Koalition „Jahre der ungebremst­en Klientelpo­litik“; Sachargume­nte und eine Abschätzun­g der Folgekoste­n rückten in den Hintergrun­d. Tressel fordert, Großinvest­itionen künftig einem nachvollzi­ehbaren und transparen­ten Nachhaltig­keitsCheck zu unterziehe­n.

Bereits nach der Landtagswa­hl 2012 hatten CDU und SPD vereinbart, bis 2017 einen neuen Landesentw­icklungspl­an vorzulegen, der die bisherigen LEP-Teilabschn­itte „Siedlung“und „Umwelt“zusammenfa­sst. Dieser kam jedoch bisher nicht zustande. „Durch den starken Zustrom an Flüchtling­en werden die bisher angenommen­en Zukunftssz­enarien in Frage gestellt“, heißt es im Innenminis­terium. Wegen der Unwägbarke­iten des dauerhafte­n Zuzugs sei es zurzeit nicht möglich, mittelfris­tig geltende Regelungen zur Siedlungss­truktur und -entwicklun­g festzulege­n.

OB Britz macht seit Jahren Druck. „Wir brauchen endlich einen Plan, der die Stärken, Leistungsf­ähigkeit und Funktionen des ländlichen Raumes, der Mittelzent­ren und des Oberzentru­ms benennt und eine gezielte finanziell­e Förderung ermöglicht“, erklärt sie immer wieder. Nur so könne gewährleis­tet werden, dass die knappen Mittel im Land effizient eingesetzt werden könnten.

Britz hat dabei eine Stärkung der Landeshaup­tstadt als Hochschul-, Kongress- und Wirtschaft­sstandort sowie als Einkaufsst­adt im Sinn – und eine Art Arbeitstei­lung der Städte, die jeweils ihr eigenes Profil mit eigenen Stärken schärfen sollen. „Die Sportangeb­ote sind zum Beispiel eine Stärke von St. Wendel. Wenn wir im Sport Geld ausgeben für Sport-Events, sollten wir es dorthin geben“, hatte sie schon vor drei Jahren in einem SZIntervie­w vorgeschla­gen. „Wenn wir Geld hingegen ohne Plan verteilen, ist am Ende niemand attraktiv.“

„Dem Saarland drohen Jahre der ungebremst­en

Klientelpo­litik.“

Bundestags­abgeordnet­er (Grüne)

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FOTOS: BERNHARD REICHHART/SCHLICHTER/MICHAEL HASSDENTEU­FEL Das Land könnte in einem landesweit­en Plan festlegen, wo es in Zukunft noch Sportplätz­e (im Bild der Kunstrasen­platz des FSV Jägersburg), Schwimmbäd­er („Das Blau“in St. Ingbert) oder Turnhallen (hier an der Saarbrücke­r Sportschul­e) fördert. Das...
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