Saarbruecker Zeitung

Gutachter: Rechenhilf­e für Parteien zulässig

Das saarländis­che Finanzmini­sterium ließ das eigene Vorgehen aus dem Wahlkampf juristisch prüfen.

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SAARBRÜCKE­N (kir) Die umstritten­e Rechenhilf­e des saarländis­chen Finanzmini­steriums für die CDU mehrere Wochen vor der Landtagswa­hl ist nach Auffassung des Staats- und Verwaltung­srechtlers Jörn Ipsen juristisch nicht zu beanstande­n. Ipsen, emeritiert­er Professor für Öffentlich­es Recht an der Universitä­t Osnabrück und früherer Präsident des Niedersäch­sischen Staatsgeri­chtshofes, war vom Finanzmini­sterium mit einem Gutachten beauftragt worden, nachdem andere Parteien und der Landesrech­nungshof das Vorgehen des Ministeriu­ms kritisiert hatten. Mitarbeite­r hatten auf Bitten der CDU mehrere Wahlverspr­echen auf ihre finanziell­en Auswirkung­en hin durchgerec­hnet (die SZ berichtete).

Ipsen sieht in seinem Gutachten keine juristisch­en Bedenken. „Das Finanzmini­sterium ist rechtlich nicht gehindert, aber auch nicht verpflicht­et, auf Bitten der bisher die Regierung stellenden Parteien Berechnung­en über die finanziell­en Auswirkung­en von Reformvors­chlägen anzustelle­n. Dies gilt auch in Zeiten des Wahlkampfs oder in Vorwahlzei­ten“, so Ipsen. Er begründet dies mit der „exekutiven Eigenveran­twortung“des Ministeriu­ms.

Die Rechenhilf­e des Finanzmini­steriums ist nach Ipsens Ansicht auch keine verdeckte Parteiensp­ende, wie dies der Speyerer Staatsrech­tler Joachim Wieland beurteilt. Ipsen, Herausgebe­r eines Kommentars zum Parteienge­setz, verweist auf eben dieses Parteienge­setz. Demnach kann ein Träger öffentlich­er Gewalt einer Partei Einrichtun­gen zur Verfügung stellen oder andere öffentlich­e Leistungen gewähren – er muss dann aber alle Parteien gleich behandeln. Nach dieser Logik müsste das Finanzmini­sterium, wenn es auf Bitten der CDU bestimmte Vorschläge durchrechn­et, dies auch auf Bitten anderer Parteien tun – allerdings gilt dies laut Ipsen nur für Parteien, die eine Chance auf eine Regierungs­beteiligun­g haben, da nur dann ein öffentlich­es Interesse an einer solchen Leistung bestehe.

Ipsen hält es auch für rechtlich zulässig, wenn Fachminist­erien Koalitions­verhandlun­gen von Parteien unterstütz­en. So werden Fachleute des Finanzmini­steriums mit am Tisch sitzen, wenn CDU und SPD in Kürze ihren Koalitions­vertrag aushandeln. Diese Unterstütz­ung des Ministeriu­ms für Parteien sei durch den Grundsatz der Regierungs­kontinuitä­t „nicht nur gedeckt, sondern gefordert“, so Ipsen.

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FOTO: SCHUTT/DPA Der Staatsrech­tler Jörn Ipsen

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