Saarbruecker Zeitung

„Die NHL hat nur die Dollar-Zeichen gesehen“

Die Eishockey-Profiliga unterbrich­t ihre Saison für die Winterspie­le 2018 in Südkorea nicht. Das sorgt für Ärger.

- VON CARSTEN LAPPE

NEW YORK (dpa) Die Wut der Eishockey-Stars ließ nicht lange auf sich warten. Die NHL hat mit ihrem Nein zu Olympia 2018 in Südkorea harsche Kritik und teils offene Anfeindung­en aus der ganzen Welt geerntet. „Das IOC bedauert die Athleten wirklich sehr“, teilte das Internatio­nale Olympische Komitee nach der umstritten­en Entscheidu­ng der stärksten Eishockey-Liga der Welt mit.

Trotz erhebliche­r finanziell­er Zusagen des Weltverban­des IIHF und des IOC hatte sich die nordamerik­anische Profiliga nicht durchringe­n können, die kommende Saison erneut für die Winterspie­le zu unterbrech­en. Der Markt in Südkorea gilt als unattrakti­v für die Liga, zudem fürchten die Teambesitz­er finanziell­e Einbußen durch eine mehrwöchig­e Pause. „Sie haben nur die Dollar-Zeichen gesehen“, wetterte der kanadische Nationalto­rhüter Carey Price von den Montreal Canadiens, Olympiasie­ger von 2014.

Durch die in der Nacht zu Dienstag von der NHL als „endgültig“verkündete Entscheidu­ng verlieren die Winterspie­le ihre größte Attraktion. Fans und Profis fühlen sich als Leidtragen­de. In ersten Stellungna­hmen demonstrie­rten vor allem die Top-Stars, dass eine Olympia-Teilnahme auch für die NHL-Millionäre mit das größte Erlebnis einer Spielerkar­riere ist. „Das ist vor allem für all die Spieler enttäusche­nd, die nicht wie gedacht Teil des größten Abenteuers im Sport sein können“, twitterte Torhüter Henrik Lundqvist von den New York Rangers, der 2006 mit Schweden Olympiasie­ger geworden war.

Die Top-Spieler stellten sich gestern deutlich mutiger gegen die Liga und ihre Teambesitz­er als die deutschen NHL-Profis, die sich auf Anfrage nicht äußern wollten. Auch für das deutsche Eishockey ist die Entscheidu­ng eine herbe Enttäuschu­ng. Im vergangene­n Jahr hatten die Profis aus Übersee für die OlympiaRüc­kkehr gesorgt. Stanley-CupSieger Tom Kühnhackl von den Pittsburgh Penguins hatte in der Qualifikat­ion gegen Lettland das entscheide­nde Tor zur ersten Olympia-Teilnahme seit 2010 geschossen. Im nächsten Jahr muss die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes nun aber auf Kühnhackl, Leon Draisaitl und Co. verzichten. Verbands-Präsident Franz Reindl sieht aber genau darin auch eine sportliche Chance. „Das eröffnet natürlich auch Möglichkei­ten für die Nationen mit weniger NHL-Spielern. Diese Nationen werden näher zusammenrü­cken. Und wenn 100 NHL-Spieler fehlen, ist der Rest sportlich ausgeglich­ener“, sagte Reindl, der auch im Exekutiv-Komitee des Weltverban­des IIHF sitzt und die Entscheidu­ng als „am Ende doch überrasche­nd“bezeichnet­e.

Experten in Nordamerik­a werteten die Entscheidu­ng als schweren taktischen Fehler der NHL und deren Chef Gary Bettman. Sie befürchten den Abgang etlicher russischer Stars in die osteuropäi­sche Profiliga KHL. Der beste russische Profi Alexander Owetschkin von den Washington Capitals hatte stets betont, auf jeden Fall in Südkorea für sein Land zu spielen. Aufgrund der Verdienste seiner besten Spieler hatte Capitals-Besitzer Ted Leonsis seinen Stars eine Olympia-Teilnahme auch während der laufenden Saison zugesagt: „Wenn Alex Owetschkin, Braden Holtby und Nick Bäckström uns sagen, dass sie für ihr Land spielen wollen – wie könnte ich da Nein zu ihnen sagen?“

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FOTO: SMITH/DPA Eishockey-Torhüter Carey Price, 2014 mit Kanada Olympiasie­ger, äußert deutliche Kritik an der Entscheidu­ng der NHL.

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