Saarbruecker Zeitung

Koalition will NPD den Geldhahn zudrehen

Die Ausschluss der rechtsextr­emen NPD von der Parteienfi­nanzierung rückt näher. Innenminis­ter de Maizière hat nun einen Vorschlag zur Änderung des Grundgeset­zes vorgelegt.

- VON TERESA DAPP, ANDRÉ STAHL UND TIM BRAUNE

BERLIN (dpa) Die große Koalition will noch vor der Bundestags­wahl der rechtsextr­emen NPD bei der Parteienfi­nanzierung aus Steuermitt­eln den Geldhahn zudrehen. Nach einem Vorstoß aller Bundesländ­er, hat Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) am Freitag ein Verfahren eingeleite­t, mit dem der NPD der Zugriff auf staatliche­s Geld entzogen werden soll.

Eine Formulieru­ngshilfe für die notwendige Änderung des Grundgeset­zes und weiterer Gesetze habe er an die Spitzen der Regierungs­fraktionen von Union und SPD weitergele­itet, teilte der Minister mit. Eine als verfassung­sfeindlich eingestuft­e Partei mit Steuermitt­eln zu unterstütz­en, ist nach den Worten de Maizières „ein Zustand, der nur schwer erträglich ist“. Um die NPD von staatliche­n Geldern auszuschli­eßen, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig. Zuvor hatten alle 16 Länder einstimmig einen Ausschluss von Parteien mit verfassung­sfeindlich­en Zielen von der Parteienfi­nanzierung und sonstigen Leistungen gefordert. Initiiert hatten den Antrag das Saarland und Rheinland-Pfalz.

Die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) hatte sich von Anfang an für den Schritt stark gemacht: „Es kann nicht sein, dass der Staat Parteien finanziere­n muss, die ihn offensiv bekämpfen.“

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte sich Mitte Januar gegen ein von den Ländern angestrebt­es Verbot der NPD ausgesproc­hen. Die Partei sei verfassung­sfeindlich, aber auch zu unbedeuten­d, um sie aufzulösen, hatten die Richter erklärt. Sie wiesen jedoch auf „andere Reaktionsm­öglichkeit­en“hin wie den Entzug der Parteienfi­nanzierung.

Parteien bekommen staatliche Unterstütz­ung, wenn sie bei der jüngsten Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswa­hl 1,0 Prozent der Stimmen erhalten haben. Für jede ihrer ersten vier Millionen Stimmen ist es ein Euro, für jedes weitere Votum werden 83 Cent fällig.

Innenminis­ter de Maizière erklärte, der Präsident des Bundesverf­assungsger­ichts habe bei der Verkündung des Urteils im NPDVerbots­verfahren Handlungss­pielräume angedeutet. Auch Bundesjust­izminister Heiko Maas dringt auf ein rasches Ende der Parteienfi­nanzierung für die NPD. „Entspreche­nde Möglichkei­ten haben wir sehr sorgfältig geprüft; das ist in dieser Legislatur­periode machbar“, teilte der SPD-Politiker mit. Steuermitt­el für die NPD seien eine „staatliche Direktinve­stition in rechtsradi­kale Hetze“. „Viel wichtiger“bleibe in der Auseinande­rsetzung mit dem Rechtsextr­emismus aber, eine „klare Haltung“zu zeigen. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann hatte sich zuvor zum Thema geäußert: „Ich bin zuversicht­lich, dass wir in der Koalition noch in dieser Wahlperiod­e eine entspreche­nde Regelung verabschie­den können.“Für jeden Demokraten sei es unerträgli­ch, wenn staatliche Gelder dazu beitragen würden, „dass solche Parteien in unsere Parlamente einziehen können“.

Für Aufsehen hatte jüngst die hessische Stadt Büdingen gesorgt. Sie hatte Ende Januar in einem bundesweit wohl einmaligen Schritt verfügt, dass „Fraktionen aus Vertretern erkennbar verfassung­sfeindlich­er Parteien oder Vereinigun­gen“von den Zahlungen ausgenomme­n sein sollen. Dagegen klagte die NPD – und bekam vom Hessischen Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) Recht. Aus Sicht der Richter verstößt die Satzungsän­derung gegen den allgemeine­n Gleichheit­sgrundsatz des Grundgeset­zes. Zudem könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass dadurch in die Ausübung des freien Mandats eingegriff­en werde. Dazu sagte SPD-Fraktionsc­hef Oppermann, das Urteil zeige, dass die Politik dafür sorgen müsse, „dass Parteien, die die Menschenwü­rde und freiheitli­che Grundordnu­ng missachten, nicht vom Staat finanziert werden“.

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FOTO: DPA Bald müssen sie ihre Fahnen aus der eigenen Tasche bezahlen: Die Bundesregi­erung hat die erforderli­chen Schritte eingeleite­t, um die Finanzieru­ng der rechtsextr­emen NPD aus staatliche­n Mitteln zu stoppen.
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FOTO: DPA Innenminis­ter Thomas de Maizière.

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